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habe aus gutherzigem Mitleiden seinem Unverstand und sei¬ 
ner Unerfahrenheit die meiste Schuld beigemessen. „Eure 
kurfürstliche Gnaden, fuhr er fort, denken nur nicht, 
daß der Luther todt fei, er wird auf den Gott, der 
den Pabst durch ihn gedehmüthigt bat, frei und fröblich 
pocken, und ein Spiel mit dem Erzbischoff von Mainz 
anfangen, dessen sich nicht viele versehen." — Ihr wer¬ 
det vielleicht zittern für Luthern, wenn ihr die Folgen 
eines solchen Briefes erwägt; allein es erfolgte eine ganz 
höfliche Antwort darauf. Der Kurfürst schrieb ihm, er 
habe seinen Brief in Gnaden und zu allem Guten aus¬ 
genommen, und werde künftig mit Gottes Hülfe so han¬ 
deln, wie es einem geistlichen, frommen und christlichen 
Fürsten gezieme. — Er fürchtete sich also mehr vor Lu¬ 
thern, als Luther sich vor ihm. 
4. 
Unruhen in Luthers Abwesenheit. 
Luther hatte sich losgesagt von der Herrschaft des 
Pabstes und von allen Lehren, die nicht in dem Evan¬ 
gelium gegründet waren. Gleichwohl hatte man noch. 
Wie zuvor, Stifter und Klöster, es wurden Seelenmessen 
gelesen und Wallfahrten gehalten, und das Abendmahl, 
wie vorher, ohne Kelch ausgetheilt. Nun aber fing man 
an sich zu fragen: Warum geschieht dieß noch alles, und 
warum leben wir nicht nach unfern Lehren und Grund¬ 
sätzen? Die meisten sahen ein, daß große Aenderungen 
Vorgehen müßten. Zuerst versammelten sich die Augu¬ 
stinermönche zu Wittenberg und erklärten alle Kloster¬ 
gelübde und alle Ordensregeln für ungültig, dann wur¬ 
den sämmtliche Kirchenmessen teutsch gelesen, das Abend¬ 
mahl unter beiderlei Gestalt ausgetheilt, die Bilder aus 
B
	        
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