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15.
Ferdinand der Erste.
(2. 1556—1564.)
Ferdinand I. bestieg also noch zn Lebzeiten seines
Bruders Karls V. den teutschen Thron. Er war ein
billiger, friedliebender Fürst, der sich redlich bemühete,
die Einigkeit in der Kirche wieder herzustellen, und auch
den Katholiken einen Theil der Wohlthaten der Refor¬
mation genießen zu lasten. Deswegen war er aber auch
schon als römischer Köllig dem damaligen Pabst Paul IV.
verhaßt. Als ihm nun die teutsche Krone durch den Ab¬
tritt Karls V. zusiel, fand sich, daß der heilige Vater
ihn nicht als teutschen Kaiser anerkennen und krönen
wollte. Ferdinand ließ ihn trotzen und kümmerte sich
wenig darum: Hatte ja der Kurfürst und Erzbischofs von
Mainz selbst erklärt, die römische Krönung sei ein Lum-
penwerk. Don dort an ging auch kein cinzigrr feiner
Nachfolger mehr nach Rom.
Ferdinand I. herrschte zu keiner erfreulichen Zeit
über Deutschland, denn die feindliche Spannung zwischen
den Katholiken und Protestanten dauerte des Rcligions-
friedens ungeachtet fort. Auf beiden Seiten beobaäuete
man sich mit Mißtrauen; jede zweideutige Bewegung
wurde als eine Anstalt zum Kriege angesehen. Die Ka¬
tholiken konnten den Verlust so vieler schöner Kwchen-
güter nicht verschmerzen, die von den protestantischen
Fürsten wgren eingezogen worden; die Protestanten aus-
serten laut ihre Unzufriedenheit mit der Klausel des
geistlichen Vorbehalts, die sich wider ihren Willen
in den Religionsfrieden eingeschlichen hatte. Der Kaiser
wendete sich mit seiner Vermittelung bald zu dieser bald
zu jener Partei; allein er predigte tauben Ohren. Es
wurden Religionsgespräche, es wurde eine Kircheriven
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