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nicht mehr als 30 000 Einwohnern war. Umsomehr erstaunt man ob
cler so reichlichen Kunstsachen, die sie enthielt und die bezeugen, wie
bequem und angenehm das gesellschaftliche Leben daselbst war, wie
gross der Wohlstand, zu welchem die italienischen Städte unter den
ersten römischen Kaisern gelangt waren. Die meisten Häuser in Pompeji
waren klein, meist ohne Fenster im Bodengeschoss; das obere Stockwerk
über der Grundmauer war oft weit vorspringend und, wie im Morgen¬
land, nur von kleinen, vergitterten Fenstern durchbrochen, die Gassen
enge, aber Theater,, öffentliche Bäder und Brunnen, Triumphbogen, Bild¬
säulen waren im Überfluss vorhanden. Das fällt dem Besucher gleich
bei seinem Eintritt in die Stadt auf. Nachdenklich schreitet er auf den
mit Lavablöcken gut gepflasterten Gassen dahin, und seinen Blick fesseln
zuerst die darin von schwerfälligen Fuhrwerken ausgefahrenen Geleise.
Schmale Trottoirs ziehen sich an den Häusern hin, und an den Strassen¬
ecken befinden sich häufig öffentliche Brunnen und ovale Schrittsteine
zum Überschreiten der Strasse von einem Trottoir zum andern, und auf
denselben haben die Hufe der Pferde, die sie notwendig überschreiten
mussten, ihre Spuren zurückgelassen.
Ganz besonders anziehend ist die innere Einrichtung der Häuser.
Den Eintretenden empfängt häufig der bei der Schwelle eingehauene
oder in Mosaikschrift ausgesprochene Gruss: Have oder Salve, oder auch
die Warnung unter dem Bild eines angeketteten, klaffenden, schwarzen
Spitzes: Cave canem (hüte dich vor dem Hunde). Einer aber, wahr¬
scheinlich ein Kaufmann, hiess nicht den Eintretenden, sondern das
Geld oder den Gewinn willkommen; denn man liest vor seiner Thtir-
schwelle: Salve hierum (sei gegrüsst, Gewinn!) Durch einen kleinen
Gang gelangt man in den mit einer von Säulen getragenen Halle um¬
gebenen Raum, in dessen Mitte ein viereckiges Becken das Regenwasser
aufnahm; denn das Dach senkte sich gegen die Mitte und hatte daselbst
eine Öffnung, durch welche diese Halle und die auf dieselben sich öffnen¬
den fensterlosen Zimmer Luft und Licht erhielten. In diesem Hof
empfing der Hausherr seine Klienten (Schützlinge), hier machte er die
Geschäfte ab. Im andern Teil des Hauses befand sich eine zweite
Säulenhalle, die meist einen kleinen Garten umgab, in welchem auch
Springbrunnen spielten und so eine angenehme Kühlung verbreiteten. Hier
lebte der Hausvater sich und den Seinigen. Zwischen diesen beiden,
oben offenen Hallen finden wir ein geräumiges, gedecktes Zimmer, in
welchem die Familienurkunden sich befanden, auch die Büsten der Vor¬
fahren aufgestellt wurden. Die Zimmer, welche diese Räume umgaben,
scheinen uns düster, enge und unbequem; wir dürfen aber nicht ver¬
gessen, dass sie meist nur des Nachts oder bei schlechtem Wetter be¬
wohnt wurden, sonst lebten die Alten im Freien.
Besonders anziehend sind die Kaufläden, Schenken und Wirtschaften.
Diese Läden befinden sich oft im Bodengeschoss der ansehnlichsten
Häuser; sie haben aber keine Verbindung mit dem Innern des Hauses.
Hier ist ein Bäckerladen , dort hinter demselben der Backofen. Vor
1800 Jahren sah sich der Bäcker von Pompeji genötigt zu fliehen, um