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Knechtsstimme folgend, aus eigener Macht das Todesurteil über alle Ge⸗
fangenen aussprach.
Als Konradin diese Nachricht beim Schachspiel erhielt, verlor er die
Faßung nicht, sondern benutzte, gleich seinen Unglücksgefährten, die wenige
ihnen gelaßene Zeit, um sein Testament zu machen und sich mit Gott durch
Beichte und Gebet auszusöhnen.
Unterdes errichtete man in aller Stille das Blutgerüst dicht vor der
Stadt, nahe bei dem später sogenannten neuen Markte und der Kirche der
Carmeliter. Es schien, als sei dieser Ort boshaft ausgewählt worden, um
Konradin alle Herlichkeit seines Reiches vor dem Tode noch einmal zu zei—
gen. Die Wogen des hier so schönen als friedlichen Meeres dringen nämlich
bis dahin, und der diesen herlichsten aller Meerbusen einschließende Zauber—
kreiß von Portici, Castellamare, Soxxento und Massa stellt sich, durch den
blendenden Glanz südlich reiner Lüfte noch verklärt, dem erstaunten Beobach—
ter dar. Auf furchtbare Mächte der Natur deutet jedoch das zur Linken sich
erhebende schwarze Haupt des Vesuvs, und rechts begrenzen den Gesichts—
kreiß die schroffen, zackigen Felsen der Insel Capri, wo einst Tiberius, ein
würdiger Genoße Karls von Anjou, frevelte.
Am 29. Oktober 1268, zwei Monate nach der Schlacht bei Scurcola,
wurden die Verurteilten zum Richtplatze geführt, wo der Henker, mit bloßen
Füßen und aufgestreiften Armeln, schon ihrer wartete. Nachdem König
Karl in dem Fenster einer benachbarten Burg einen angeblichen Chrenplatz
eingenommen hatte, sprach Robert von Bari, jener ungerechte Richter, auf
dessen Befehl: Versammelte Männer! Dieser Konradin, Konrads Sohn,
kam aus Deutschland, um als ein Verführer seines Volks fremde Saaten
zu ernten und mit Unrecht rechtmäßige Herscher anzugreifen. Anfangs siegte
er durch Zufall, dann aber wurde durch des Königs Tüchtigkeit der Sieger
zum Besiegten, und der, welcher sich durch kein Gesetz für gebunden hielt,
wird jetzt gebunden vor das Gericht des Königs geführt, welches er zu
vernichten trachtete. Dafür wird, mit Erlaubnis der Geistlichen und nach
dem Rathe der Weisen und Gesetzesverständigen, über ihn und seine Mit—
schuldigen, als Räuber, Empörer, Aufwiegler, Verräther, das Todesurteil
gesprochen, und, damit keine weitere Gefahr entstehe, auch sogleich vor aller
Augen vollzogen.
Als die Gegenwärtigen dieß sie größtenteils überraschende Urteil
hörten entstund ein dumpfes Gemurmel, welches die lebhafte Bewegung
der Gemuther verkündete; alle aber beherschte die Furcht, und nur Graf
Robert vvn Flandern, des Königs eigener Schwiegersohn, ein so schöner
als edler Mann, sprang, seinem gerechten Zorn freien Lauf laßend hervor,
und sprach zu Nobert von Bari: ‚Wie darfst du frecher, ungerechter
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