Deutscher Bund — Kurf. Hessen. 591
27. Kurfürstenthum Hessen,
208 Qm. 765000 Bew., wovon Katholiken 122000 und 9000 Juden.
Es berührt im Süden den Main und den Spessart, im Norden die Weser.
Abgetrennte Theilchen liegen: am Thüringerwald, an der Weser neben Bücke¬
burg, und in der Wetterau. Der Boden besteht meist ans Hügelland; Gebirge
sind nicht bedeutend. Siehe oben S. 72.
Provinzen, a) Niederhessen, worin: Cassel an der Fulde mit
37000 Einw. und schöner Umgebung. Eschwege an der Werra, Alleudorf mit
Salzwerken, Rotenburg, Melsungen, Hofgeismar sind kleine Städte; ebenso
Rinteln a. d. Weser in der ehm. Grafschaft Schaumburg. — b) Oberhes¬
sen, worin: Marburg mit 8000 an der Lahn; die Universität stiftete Philipp
der Großmüthige. Kleine Städte sind: Treisa, Frankenberg und Ziegenhain. —
c) Fulda, worin: Fulda mit 10000 und ehmals bischöfl. Residenzschloß.
Hersfeld mit 7000, und Schmalkalden am Thüringerwald. — ct) Hanau,
worin: Hanau am Main mit 16000, Gelnhausen und das schöne Städtchen
Bockenheim nahe bei Frankfurt.
Geschichtliches. — Das an Fulde, Werre und oberer Lahn gelegene
Stammland der Hessen gehörte noch in der Hohenstaufen Zeit zur großen Land¬
grafschaft Thüringen. Als das altlandgräfliche Haus im 13. Jahrhundert in
männlicher Linie erlosch, fiel das eigentliche Thüringen an das nieisnische Haus,
im Hessenlaude aber behauptete sich Heinrich das Kiud (Sohn Sophiens von
Brabant, Enkel der heil. Elisabeth und ihres Gemahls Ludwig von Thüringen)
als Herr. Er ist der erste hessische Landgraf, starb 1308 und liegt in Marburg
begraben. Die Nachkommen hatten das Glück, ihr Land zu vergrößern, be¬
sonders durch die Grafschaft Katzen einbogen (im Nassauischen und südl. des
untern Main, mit Darmstadt) die ihnen 1479 erblich zufiel. Aber nach Mittel-
alters Brauch theilten sie öfters; selbst Philipp der Großmüthige, der
sämmtliche Besitzungen des Hauses wieder zusammen erhielt, führte noch keine
Untheilbarkeil des Staats ein, er vergabte das Land unter seine Söhne. Der
jüngste begann die Darmstädter Linie im Süden, der älteste, Wilhelm, die
Casseler im Norden. Viel hatte diese Casseler Linie bald nachher der klugen
standhasten Landgräfin Amalie, geb. von Hanau-Münzenberg, zu verdanken,
die in,der schwierigen Zeit des 30jährigen Kriegs Vormundschaft und Regierung
für ihren Sohn Wilhelm VI, mit dem glücklichsten Erfolge führte; sie rettete den
Staat, der nachmals durch das ererbte Hanau sich vergrößerte. In neuester
Zeit verwandelte sich die landgräfliche in die kurfürstliche Würde, bald darauf
nahm aber Napoleon das Land, that es mit Hannover, Braunschweig rc. zu¬
sammen , machte ein Königreich Westfalen daraus, so daß wir 7 Jahre lang
das klägliche Schauspiel hatten, den Jerome aus Corsika im alten Kalten- und
Sachseulande thronen zu sehen. 1813 hörte dies Spiel auf und der vertriebene
Kurfürst Wilhelm I. zog wieder in Cassel ein. Jetzt regiert Friedrich
Wilhelm l.