Vorrede.
§Beim Schreiben eines Briefes steht das Bild Dessen, an welchen
der Brief gerichtet ist, lebhaft vor unserer Seele, und wir sinnen darauf,
alles so zu fassen, daß wir ihm, wie er nun gerade denkt und fühlt,
recht verständlich werden und zu Herzen reden. Dieses Streben jedes
freundlichen Briefschreibers gibt den meisten Briefen eine Warme, welche
sogenannten rein objectiven Darstellungen fehlt.
Beim Schreiben eines Lehrbuches sollten wir wie beim Briefschrei¬
ben zu Werke gehen, ja nicht einzig und allein den Lehrgegenstand
ins Auge fassen, sondern von dem herzlichen Bestreben, unsern lieben
Lesern recht verständlich zu werden, beseelt sein.
Die bestimmten Leser eines Lehrbuches sind nun theils Lehrer,
welche nach dem Buche lehren, theils Schüler, welche nach demselben
gelehrt werden, oder auch Solche, welche sich selbst aus dem Buche
belehren wollen. — Wer in den Gegenständen des Lehrbuches, das
er schreibt, mit dem ernstlichen Wunsche, seinen Schülern recht faßlich
zu sein, selbst unterrichtet hat; wer beim Unterrichten auch gerne hin¬
hörte, wenn der Schüler ihn über Das, was er nicht verstanden, be¬
fragte, der mußte auf solchem Wege Manches lernen, was Jemand,
der sich nur mit der Wissenschaft, nicht mit dem Lehren derselben be¬
schäftigt, nicht erfahren kann. Möchte dies Lehrbuch doch dem sachkun¬
digen Leser verrathen, daß es auf dem Wege des Lehrens entstanden ist!
Mit Schüchternheit spreche ich von dem Gegenstände oder viel¬
mehr den Gegenständen des Lehrbuches. Darüber wird sich Keiner
wundern, wer nur den gegenwärtigen Zustand der Wissenschaft etwas
kennt. Es dürfte Jemand behaupten: jede der fünf Hauptabtheilungen
des Buches verlange eigentlich ihren Mann ganz; ja oft verlange ihn
eine Unter- oder Unterunter-Abtheilung. Ob denn, dürfte er fragen,
wol eines Menschen noch so thätiges wissenschaftliches Leben hinreiche,
um auch nur etwa die dritte Hauptabtheilung: die physikalische Geo¬
graphie, gründlich zu ftudiren, oder auch nur deren dritte Unter-