Full text: Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde

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neu Zeitrechnungen zu vielen Streitigkeiten und Verwirrungen 
Anlaß gaben, besonders an Orten, wo Protestanten und Katho¬ 
liken untereinander gemischt lebten. So entstanden zu Augsburg 
große, mehrere Jahre anhaltende Unruhen, die unter dem Namen 
des Kalenderstreites bekannt sind. So oft man aber auch, wie 
auf dem Reichstag von 1613, bei den westfalischen Friedens¬ 
unterhandlungen 1648, auf dem Reichstage von 1654 und 
später in die evangelischen Stande dringen mochte, den neuen 
Kalender des bessern Einverständnisses wegen anzunehmen, wichen 
sie doch jedesmal aus, weil sie das wiederholte kaiserliche An¬ 
sinnen als eine Schmälerung ihrer Majestätsrechte ansahen. Als 
aber nach dem ryswicker Frieden wegen Kalenderverschiedenheit 
neue Unruhen in der Pfalz, in Schwaben und an andern Orten 
auszubrechen drohten, nahmen die evangelischen Stände die Sache 
in nähere Ueberlegung, und beschlossen nun, besonders auf Be¬ 
trieb von Leibnitz und mit Zuziehung des jenaischen Mathema¬ 
tikers Erhard Weigel, am 23. September 1699, mit dem 
nächsten Jahre einen sogenannten verbesserten Kalender einzufüh¬ 
ren, nach welchem mit Weglassung von 11 Tagen statt des 
19. Februars 1700 sogleich der 11. März gezählt und das 
Osterfest so lange, bis die Fehler des gregorianischen Kalenders 
verbessert sein würden, mit Bezug sowohl auf die Nachtgleiche 
als auf den Vollmond, nach astronomischer Rechnung angesetzt 
werden sollte. Diesem Beschlüsse der evangelischen Stünde sind 
gleichzeitig Dänemark und die vereinigten Niederlande und im 
Jahre 1701 die evangelischen Kantone der Schweiz beigetreten. 
In England ist der neue Kalender erst im Jahre 1752 und in 
Schweden 1753 eingeführt worden. Dort ging man vom 2. Sep¬ 
tember zum 14., hier vom 17. Februar zum 1. März über. 
Die Russen und Griechen beharren nunmehr allein noch beim 
alten Kalender, zählen daher im laufenden Jahrhundert 12 Tage 
später, als die übrigen christlichen Völker Europa's. 
Nach D. Völt er. 
4. Die Zeitrechnung der wichtiglten Völker. 
In der gleichförmig fortfließenden Zeit können wir die 
Theile derselben nicht anders unterscheiden, als durch Begeben¬ 
heiten, die in ihnen Vorgehen, und die man daher chronolo¬ 
gische Charaktere oder Zeitmerkmale nennt. Diese sind 
entweder Natur- oder menschliche Begebenheiten. Zur erstern Art 
gehören die Mondviertel, die Jahrpunkte und die Finsternisse, 
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