Full text: Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde

333 
marine der französischen überlegen. Gleichwohl hat Frankreich in 
der neuesten Zeit, besonders seit 1839, eine gewaltige Seemacht 
aufgestellt, und da die Dampfkraft den Mangel einer tüchtigen 
Seemannschaft, wie sie auf der Handelsflotte hauptsächlich gebil¬ 
det wird, wenigstens einigermaßen zu ersetzen im Stande ist, 
so suchen die Franzosen es der englischen Flotte möglichst gleich 
zu thun. Jetzt ist Frankreich unbestritten die zweite Seemacht der 
Erde und seine Kriegsflotte, die seitdem noch bedeutend vermehrt 
wurde, bestand 1854 aus 101 Schiffen mit 4612 Kanonen und 
im Jahre 1858 sollte die Zahl der großen Linienschiffe (Schrau¬ 
bendampfer) auf 24 gebracht werden. 
Als Landmacht war Frankreich von jeher ausgezeichnet; 
Vaterlandsliebe und Ruhmbegier („la gloire“) sind im Stande, 
die Franzosen zu den glänzendsten Thaten zu begeistern („nous 
sommes une nation gui agit toujours par entraînement,“ sagt 
Thiers) ; das hat sich noch im letzten Kriege mit Rußland, in den 
Kämpfen vor Sébastopol, wo nichts dem begeisterten Ungestüm 
des französischen Angriffs zu widerstehen vermochte, glänzend be¬ 
währt. — 
Zum Schluffe noch ein Wort über die französischen Univer¬ 
sitäten. Universitäten im deutschen Sinne des Wortes (uuivorsi- 
tas litorarum) gibt es in Frankreich nicht; université de France 
heißt die höchste Unterrichtsbehörde. Wenn man Paris und Stra߬ 
burg bisweilen als Universitäten anführt, so hat dies nur den 
Sinn, daß die verschiedenen höhern Schulen, die bei uns ein 
Ganzes bilden, dort neben einander bestehen, als faculté de 
théologie, école de droit, école de médecine, faculté ès 
(d. h. des) lettres und faculté ès sciences. Zu einer franzö¬ 
sischen Hochschule (académie) gehört wesentlich, was bei uns die 
„philosophische Faeultät" ausmacht, faculté ès lettres und faculté 
ès sciences. Solcher Universitäten oder Akademien gibt es jetzt, 
nach dem Unterrichtsgesetz von 1854, 16, nämlich: Aix, (spr. Ä, 
nicht wie in Aix-la-Chapelle Äx), Besancon, Bordeaux, Caen 
(spr. Kang), Clermont, Dijon, Douai, Grenoble, Lyon, Mont¬ 
pellier, Nancy, Paris, Poitiers, Rennes, Slraßburg, Toulouse. 
Daß die Pariser hohen Schulen die besten und besuchtesten sind, 
versteht sich bei der französischen Centralisation von selbst. 
Daß es aber trotz der großen Anzahl der Universitäten und 
höhern Bildungsanstalten mit der allgemeinen Schulbildung in 
Frankreich noch immer schlecht steht, beweist der Umstand, daß 
fast ein Drittel der Männer, und mehr als die Hälfte der Frauen, 
welche im Jahre 1853 heiratheten, weder lesen noch schreiben konnte. 
Dom Herausgeber.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.