Full text: Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde

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Menschen heilsamere Wirkungen haben, nirgends wäre die Civi- 
lisation mehr zu wünschen. Der Nil und die Wüste machen sich 
Aegypten streitig, und die Civilisation würde dem Nil es mög¬ 
lich machen, die Wüste zu besiegen und sie zurückweichen zu 
lassen. Einst ernährte Aegypten, wie man annimmt, 20 Mill. 
Bewohner, ohne die Römer mitzuzählen, für welche es nebst 
dem westlicher gelegenen Nordafrika und Sicilien die Kornkammer 
bildete. Zur Zeit des französischen Feldzugs von 1798 war es 
kaum im Stande 3 Millionen zu ernähren. Und dies Berhältniß 
ist auch jetzt noch dasselbe; denn die gegenwärtige Bevölkerung 
des Landes steigt kaum auf 3 Millionen, der großen Mehrzahl 
nach Araber, die sich in Fellahs (Landbebauer) und Beduinen 
(Nomaden) eintheilen; die Kopten, das Stammvolk Aegyptens, 
und die Türken, einst fast alle m der Liste der Ianitscharen ein¬ 
geschrieben, belaufen sich kaum auf je 200,000. In den Küsten¬ 
städten gibt es außerdem Griechen, Armenier, Juden und Fran¬ 
ken (Europäer.) 
Die Ueberschwemmung endigt in der Regel im Monat 
September; dann beginnen die Feldarbeiten. Während der Mo¬ 
nate October, November, December, Januar, Februar gewährt 
das Gefilde Aegyptens einen durch Fruchtbarkeit und Frische 
reizenden Anblick. Es ist dann mit den reichsten Ernten bedeckt, 
mit einem herrlichen Blumenschmelz geschmückt und von uner¬ 
meßlichen Herden durchzogen. Im März beginnt die Hitze; die 
Erde spaltet sich so tief, daß das Reiten bisweilen gefährlich 
wird. Die Feldarbeiten sind dann beendigt; die Aegyptier haben 
die Reichthümer des Jahres eingesammelt. Außer den Getreide¬ 
arten (les bles) bringt Aegypten den besten Reis (1tz8 meilleui-s 
riz) hervor, die schönsten Gemüse, Zucker, Indigo, Senesblätter, 
Cassia (la casse), d. i. ein Baum (ea88ia fibula), dessen Mark als 
Arzneimittel gebraucht wird, ferner Natron, Flachs, Hanf, Baum¬ 
wolle und zwar alles in wunderbarer Fülle. Es fehlt ihm das 
Del (les huiles), aber es findet dasselbe gegenüber in Griechen¬ 
land ; es fehlt ihm der Taback und Kaffee, aber es findet sie 
an seiner Seite, in Syrien und Arabien. Es entbehrt auch des 
Holzes; denn die große Vegetation kann nicht gedeihen auf dem 
Jahresschlamm, welchen der Nil auf dem Sandboden ablagert. 
Einige Sycomoren und Palmen sind Aegyptens einzige Bäume. 
In Ermangelung des Holzes brennt man Kuhdünger. — Aegyp¬ 
ten nährt unermeßliche Herden; Geflügel jeder Art ist im Ueber- 
fluß vorhanden. Es hat ferner jene bewunderungswürdigen Pferde, 
so berühmt in der Welt durch ihre Schönheit, ihre Lebhaftigkeit
	        
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