Full text: Lehrbuch der vergleichenden Erdbeschreibung

Horizontale Gliederung Europas. §. 43. 137 
Massenerhebung, wie Asien, sondern die größtmöglichste Gliederung 
der Massen ist hier das Charakteristische. Daher ist die äußere Form 
keines Erdtheileö so unregelmäßig, wie die des unsrigen. Während 
Afrika eine eliptische, Asien und Australien rechteckige, Amerika eine 
zweimalige Wiederholung der triangulären Form darbieten, erhält 
man bei Europa erst nach Ausscheidung der Glieder, also für den 
eigentlichen Continent, ein fast rechtwinkliges Dreieck, dessen Haupl- 
winkel im Südosten (an der Nordseite des caspischen Meeres) liegt, 
dessen Hypotenuse oder oceanische Seite (vom biscayischen bis zum 
karischen Golf) gegen Nordwesten, die beiden anderen Seiten, die 
contineutale und maritime, gegen Nordosten und Süden gerichtet 
sind. Dieser contineutale Stamm, der von O. nach W. immer 
mehr an Breite abnimmt, immer weniger continental und immer 
mehr oceanisch wird (man vergleiche Rußland, Deutschland, Frank¬ 
reich), enthält mehr als 2/3 der gesummten Oberfläche (130,000 
□ M.), die Glieder, welche sich mit ihrer Hauptlänge in der Re¬ 
gel in der Richtung von N. nach S. erstrecken, fast ein Drittheil 
(50,000 HiM.), und zwar die halb getrennten Glieder oder Halb¬ 
inseln '/* des Ganzen (40,000 □ M.), die ganz getrennten oder 
die Inseln des Ganzen (9000 □9)?.). 
Die Küsteueutwickeluug des Festlandes von Europa (4300 
Meilen, 1 M. auf 39 □ M.) .ist im Vergleiche zu der anderer 
Erdtheile Die bei weitem ausgebildetste; es findet hier das Mari- 
mum der Bespulung des Landes vom Meere und demnach die 
größte Wechselwirkung zwischen der flüssigen unt> der festen Form 
Statt. Noch stärker erscheint die Küstenentwickelung, wenn man die 
Inseln mit einer Küstenlänge von 1500 M. hinzu rechnet, dann 
übertrifft der europäische Gestadesaum die größte Kreislinie auf der 
Erde, den Aequawr, und cs ergibt sich sogar 1 M. Küste auf 31 
□ 9)0, beinahe das Fünffache der Küsteneutwickelung Afrikas. 
So ist Europa, obwohl in der Mitte der Landhalbkugel ge¬ 
legen, von allen Erdtheilen der zugänglichste von der Seeseite her. 
Diejenigen Länder, welche die größte Küstenentwickelung besitzen, haben 
durch ihre Geschichte die Bortheile derselben bewährt; so gelangte in der 
alten Zeit Griechenland mit seiner reichen Peninsular-Gliederung zu 
einer gewissen Herrschaft über das Mittelmeer, wie in der neuern Zeit 
die Hafen- und buchtenreichste Inselgruppe Großbritannien zur Be¬ 
herrschung des Oceans. Aber der Einfluß dieser überwiegenden Küsten¬ 
gliederung, die von O. nach W. zunimmt, hat auch den ganzen Con- 
tinent durchdrungen, da hier keine hemmenden Formen der Brette oder 
Höhe im Wege stehen (wie in Asien), vielmehr die centralen Länder 
vermittelst zahlreicher schiffbarer Flüsse und in der jüngsten Zeit ver¬ 
mittelst der künstlichen Eisenwege an den Vortheilen der maritimen
	        
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