Full text: Lehrbuch der vergleichenden Erdbeschreibung

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Vertikale Gliederung Europas. §. 44. 
Lage Theil nehmen und an Mannichfaltigkeit des Culturlebens den Län¬ 
dern an der Peripherie nicht nachstehen, was in Asien keineswegs der 
Fall ist. 
Zu den allgemeinen Vorzügen der horizontalen Gliederung Euro¬ 
pas kommen noch zwei besondere hinzu: die Gestaltung seiner Nord¬ 
seite und die Beschaffenheit und Lage seiner Inseln. Denn 
die Nordseite Europas hat durch die Bildung zweier Binnenmeere, 
der Nord- und Ostsee, sowie des tief einschneidenden weißen Meeres, 
der bedeutenden Halbinseln und zahlreichen Inseln einen wesentlichen 
Vorzug vor der wenig gegliederten Nordseite Asiens, die von der höher 
entwickelten Südseite Asiens durch das nomadisch gebliebene Centralasien 
getrennt ist. — Und mehr noch als in den halb getrennten Gliedern des 
Stammes zeigt sich in den ganz getrennten, den Inseln, die glückliche 
Grundgestaltung unseres Erdtheiles. Es sind keine isolirte, schwer zu¬ 
gängliche, dem Ackerbau hinderliche Felsenklippen, sondern abgesprengte 
Glieder des Continents, in dessen Bereich sie liegen, und Stationen für 
den Verkehr und die Ausbreitung der Cultur, die, bei der günstigen 
Bildung der Oberfläche, auf ihnen selbst (England, Sicilien, Seeland) 
ihren Sitz aufgeschlagen hat. Durch diese den Continent gleichsam tra¬ 
bantenartig umgebenden Inseln ist das System der Gegengestade nicht 
nur räumlich verdoppelt, sondern auch intensiv unendlich reicher ausge¬ 
bildet. Solche Jnselbildung fehlt Afrika fast gänzlich, und die im Süden 
Asiens hat für den Continent keine Bedeutung; vgl. §. 14. 
§. 44. 
Vertikale Gliederung Europas. 
Eine noch unendlich größere Mannichfaltigkeit als in der ho¬ 
rizontalen Bildung der Oberfläche Europas zeigt sich in der verti¬ 
kalen Gliederung derselben. Wie dort ein Marimum der Berührung 
von Land und Meer, so erscheint hier ein hochgesteigertes Durch¬ 
einandergreifen aller Hauptformen Der Bodenbildung 
(von Hochgebirgsland, Mittelgebirge, Tiefebene, Tafelland, Stufen¬ 
land) als das Charakteristische von Europa. Fast nirgendwo findet 
ein Vorherrschen irgend einer massenhaften Bilvung Statt, wie in 
Asien, welches ebenfalls eine reiche plastische Gliederung hat, jedoch 
mit colossalen Dimensionen der einzelnen Formen. In Europa findet 
sich die Plateauform nur in sehr beschränktem Maße, auch die 
des Hochgebirgsland es kömmt weder in so bedeutender horizon¬ 
taler Ausdehnung, noch in so ansehnlicher vertikaler Erhebung vor, 
wie in Asien und Amerika, und ist allenthalben von Stromthälern 
und Niederungen durchbrochen, wodurch sie leichter zugänglich und 
von der Civilisation bequemer zu bewältigen ist, als ähnliche Formen 
in andern Erdtheilen. Vorherrschend ist in Mittel- und Süd-Eu-
	        
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