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durchströmt in ihrem kurzen obern Lauf den Abhang der
Vorkarpathen, berührt bei Pleß die Grenze des preußischen
Schlesiens, und bildet dann die Südgrenze des Staatsge¬
biets der ehemaligen freien Reichsstadt Krakau.
Bis zur Einmündung des San bei Sandomir fließt
die Weichsel in nordöstlicher Richtung als Grenzfluß zwi¬
schen Galizien und Polen. Hier wird sie ein polnischer
Strom. Erst bei ihrem Eintritt in das preußische Gebiet
unterhalb Thvrn tritt sie aus der großen Kurve ihres
Mittlern Laufs in ihre nördliche Normaldirection bis zu
ihrer Mündung in die Ostsee. Bis Sandomir durchzieht
die Weichsel ein fruchtbares volkreiches Gebiet, hier sind es
die schnellströmenden Karpathenzuflüsse Donajec mit dem
Poprad, Wisloka, Rawa, die ihre Wasser dem Haupt¬
strom zuführen.
Nach der Aufnahme des San, welcher seinen Ursprung
aus dem waldreichen Karpathenzuge nimmt, wird der Strom
in eine nördliche Richtung gedrängt, hier nimmt die Frucht¬
barkeit der Weichsellandschaft ab, Sandflächen und Wal¬
dungen treten an die Stelle des galizischen Culturbodens.
Auch hier nimmt die Weichsel Zuflüsse auf, westlich von den
Tarnowitzer Höhen die Pi li ca und die Bzura; zwischen
den Einmündungen cheider im Osten bei Modi in unter¬
halb Warschau den Bug, den größten Zustrom der Weichsel
von der Hochebene von Lemberg mit der Muchawiza, die
durch den Muchawiza-Kanal indirect zum Dniepr führt und
dem Narew.
Auf der Strecke von Modlin bis Thorn bei Plock
vorüber, wird die Weichsel in die eigentliche nordwestliche
Richtung gedrängt, die als vorherrschende Tendenz aller
Ströme Mitteleuropas, der Netze, Warthe, Oder, Elbe
zu bezeichnen ist. Alle diese Gewässer durchschneiden eine
gemeinsame, von Osten nach Westen ziehende Vertiefung,
welche im Zusammenhänge mit der sarmatischen Niederung
über das linke Elbufer bis zur Lüneburger Haide fortzieht.
In ihrer nördlichen Stromwendung bei Thorn durchbricht
die Weichsel die preußischen Grenzhöhen gegen Polen, eine
Fortsetzung der Waldaihöhe, welche unter der allgemeinen
Benennung der baltischen Seenplatte sich der langge-