Full text: Lesebuch für die Oberklassen der Elementarschulen in Elsaß-Lothringen

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ein Gewitter, und es blitzte und donnerte sehr, und es fiel ein starker 
Regen, und sie harreten, bis es vorüberzöge. 
Darauf, als der Donner stille war, und der Regen aufhörte, sprach der 
Landmann: „Wohlan, jetzt wollen wir gehen. Der Geruch des Feldes 
wird desto lieblicher sein nach der langen Dürre.“ 
Und als sie nun hinaustraten zu dem Kornfelde, das schon Aehren 
gewonnen hatte, kam ihnen der Geruch des Feldes frisch und lieblich ent— 
gegen, und fern am blauen Himmel hing wetterleuchtend das zerrisfene 
Gewölk, und hinter dem dunkeln Gewölk flossen glänzend und in langen 
Streifen die Sonnenstrahlen herab. Die jungen Aehren und Halme aber 
senkten ihre Häupter, beschwert von den perlenden Tropfen, und das Gras 
stand mit frischem Glanze bekleidet. 
Da faßte der Landmann die Hand seines Weibes und blickte gen Him⸗ 
mel in das leuchtende Gewölk und den Lichtstrom und sprach: „Ach, Herr, 
auch uns hast du ein Wetter gesendet — o laß uns auch sein wie dieses 
Aehrenfeld! Wir gingen und weinten; ach! laß uns auch edlen Samen 
tragen, damit wir mit Freuden unsere Garben bringen mögen.“ 
Also betete der Landmann, und sein Weib weinete und sprach: „Amen! 
Ja, es sei so!“ Und beide kehrten getröstet zur Wohnung zuruͤck. 
Krummächer. 
11. Die Moosrose. 
Der Engel, der die Blumen verpflegt und in stiller Nacht den Thau 
darauf trãufelt, schlummerte an einem Prühblingstage in antt 
eines Rosenstrauches. 
Und als er erwvachte, da sprach er mit freundlichem Antlitz 
«Liebstes meiner Kinder, ich danke dir für deinen kühlenden scnt. 
ten. Könntest du dir noch Etwas erbitten, wie gern würde ieheg dir 
gewähbrenl» 
So schmũcke mieh mit einem neuen Reize, » flehete darauf der 
Geist des Rosenstrauchs. 
Und der Blumenengel sehmückte die Königin der Blumen mit ein— 
fachem Moose. 
Lieblich stand sie da in hescheidenem Schmuek, die Uoosrose, 
die schönste ihres Geschlechts. 
Krummacher 
12. VWVanderlied. 
Die Lust ist so blau, und das Feld ist so grün 
Lieb Mutterlein. lass in die Fremde mich ziehin. 
Ieh schnüre mein Bündel, dann zieh' ich hinaus 
Den Stab in der Hand und am Hute den Strauss. 
Ich wand're dureh Deutschland und äomm' an den Rhein 
bei tuehtigen Neistern, da sprech ieh dann ein. 
Und sitzt dann das Uuütterlein Mends und spinnt, 
Demstt traurig: «WVo weilt doel mein einziees (nd —
	        
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