302
VII. Aus der Natur.
Eisen ist den Menschen schon so lange bekannt, als geschichtliche
Überlieferungen laufen.
In den ägyptischen Pyramiden sind eiserne Werkzeuge gefunden
worden; eiserne Waffen und Streitwagen weisen die ältesten Kulturreste
Persiens auf. Nur sind derartige Dinge der Regel nach durch Rost im
Lauf der Zeit zerstört worden und daher seltener erhalten geblieben als
bronzene Gegenstände und Zieraten aus Edelmetallen. Indessen war
das Eisen immerhin in jenen Zeiten ein verhältnismäßig selten gebrauchtes,
daher sehr wertvolles Metall, und das lag daran, daß die Eisendarstellung
aus den Eisenerzen nur mit recht unvollkommenen Mitteln geschah und die
naturwissenschaftlichen Kenntnisse zu einer Verbesserung der Gewinnungs¬
arten fehlten.
Obwohl das Eisen eine viel größere Bedeutung erlangte, sobald
nach der Völkerwanderung deutsche Kultur den größten Einfluß auf
der Erde gewonnen hatte, blieb doch seine Erzeugung immer dieselbe.
Einzelne Leute, meist mit ihrer Familie und wenigen Gesellen, stellten
das Eisen inmitten dichter Waldungen auf den Höhen, wo Eisenerze
lagen, in verhältnismäßig sehr kleinen Mengen dar. Das ging so bis
zum Schluß des 15. Jahrhunderts. Bis dahin hatte man es nur ver¬
standen, schmiedbares Eisen bei Holzkohlenseuerung unmittelbar aus den
Erzen darzustellen. Man nannte das die Rennarbeit. Da erfand man
den Hochofenprozeß, mittelst dessen man aus den Erzen flüssiges, nicht
wie bisher nur teigiges Eisen in der Form des Roheisens darzustellen
vermochte. Dieses Roheisen mußte allerdings erst durch einen zweiten
Prozeß, das Frischen, in schmiedbares Eisen umgewandelt werden; doch
war dieses Verfahren weit billiger und gestattete gleichzeitig, größere
Mengen darzustellen als die alte Rennarbeit.
Eine neue Zeit brach, wie zu gleicher Zeit für die Weltgeschichte,
so mit dieser Erfindung für das Eisenhüttenwesen an.
Run stiegen die Eisenwerke in die Flußtäler hinab, Gebläse und
Hämmer wurden durch Wasserkraft bewegt; aber immer war man noch
auf Holzkohle zur Erzeugung der nötigen Wärme angewiesen.
Erst als man den Wert der Steinkohle erkannte, änderte sich die
ganze Sachlage. Mit der Flamme der Steinkohle führte man nun den
„Puddeln" genannten Frischprozeß aus, nachdem man mit dem Ver¬
kohlungserzeugnis der Steinkohle, den Koks, das Roheisen in immer
größer angelegten Hochöfen darzustellen gelernt hatte. Die Werke zogen
sich jetzt hauptsächlich dahin, wo Steinkohlen vorkamen oder leicht zu
beschaffen waren. Die Massenerzeugung von Eisen begann.
Doch die neuesten Fortschritte im Eisenhüttenwesen fangen mit der
Möglichkeit an, das bis dahin stets nur im teigigen Zustande erzeugte
schmiedbare Eisen, das man Schweißeisen nennt, wie das Roheisen in