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mäßig, als nothwendig, ja sogar schön in seiner großartigen Ordnung 
und Folgerichtigkeit. 
Nachdem alle bis jetzt in dem Kreis der Geschichte aufgetretenen 
Völker sich unter der römischen Republik vereinigt hatten, und alle For¬ 
men der republikanischen Regierung versucht und abgebraucht waren, 
stürzte sie selbst im Sturme der Volksherrschaft zusammen; nicht aber, 
um wie Griechenland der Gewalt eines fremden Herrschers anheim zu 
fallen. Denn so groß war die dem römischen Staate innewohnende Le¬ 
benskraft, daß er in der Auflösung aller Bande selbst die Macht fand 
einen ganz neuen Kreis des Weltregiments als Monarchie zu 
durchlaufen. 
Im Verlaufe dieser großen Zeiträume hatten die geistigen Interessen 
der Völker nicht minder in und mit der politischen Entwickelung, durch 
sie bedingt und von ihr gefolgt, ihre selbstständige nationale und allge¬ 
meine Geschichte durchlebt. Am tiefgreifendsten und bedeutsamsten ist 
begreiflicher Weise allenthalben die Umwandlung der religiösen An¬ 
schauungen geworden. Während durch den offenen Verkehr die orien¬ 
talischen religiösen Elemente den Glaubenskreisen der westlichen Cultur¬ 
staaten sich beimischten, löste sich allmählich der alte fromme Götterdienst 
zu einem leeren Gepränge aus. Die Poesie und Wissenschaft ging, mün¬ 
dig geworden, ihre selbstständigen Wege; sie bedurfte des ursprünglichen 
mütterlichen Heiligthums nicht mehr. Dem höchsten Flug der Gedan¬ 
kenmacht und Geistesfreiheit in Sokrates, Platon und Aristoteles mußten 
die Götter in Griechenland weichen; an der römischen Politik scheiterte 
der Götterglaube in Rom, so wie sein Einfluß abgenutzt und der Vor¬ 
theil nicht mehr auf seiner Seite zu finden war. . 
In Trümmern lag Alles, aus staatlichem wie aus geistigem Gebiete, 
an dem Schlüsse unserer Epoche. Ein tiefer Riß ging durch das ganze 
Menschengeschlecht. Das Bewußtsein hatte sich aus den alten schweren 
Banden frei gemacht, die Geistes- und Sinnenwelt standen sich feindlich 
gegenüber. Zerstörung allenthalben und kein Ausweg, der dem an¬ 
schwellenden Strom eine neue Bahn gewährt hätte. 
In dieser verhängnißvollen Zeit sollte, nach dem ewigen Rathschluß 
der höchsten Weltordnung, im fernen Osten das Licht aufdämmern, 
welches bestimmt war, die Welt zu erleuchten und der Geschichte die 
Thore einer neuen Zeit zu öffnen. Wir stehen an der Schwelle des 
Christenthums, dessen geheimnißvoller Beginn sich in dem zweiten Buche 
dieser Erzählung vor unseren Augen eröffnen wird.
	        
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