Kirchenstaat.
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lei heißt Dataria. Die geistlichen Behörden heißen Congregatio-
n en; das geistliche Obergericht für die ganze kathol.Christenheit ist die
Sagra Rota Romana. Es werden auch 8 bis 9000 Soldaten
gehalten, über welche ein Prälat als Commissario delle armi
den Oberbefehl führt, die aber bislang das Land noch nicht einmal
von Banditen, welche alle Straßen unsicher, ja das Innere fast unzu¬
gänglich machen, reinigen konnten. Auch die Küsten können nicht ge¬
gen Seeräuber gedeckt werden, da die Flotte nur aus wenig elenden
Schiffen besteht; es ist jedoch mit den Ranbstaaten ein Vertrag abge¬
schlossen. Die Schulden des Staates sind bei den immer mehr sich
verringernden geistlichen Einnahmen vom Auslande schon auf mehr als
100Mill. Rthlr. gestiegen. Erster Anfang des weltlichen Kirchenstaates
ist die Schenkung des Fränkischen Königs Pipin 756. Gründung der
päpstlichen Macht seit Gregor VH. 1075; Erweiterung des Gebiets
durch Erwerbung von Bologna 1513, Ancona 1532, Ferrara 1598,
Urbino 1630; dazu kam auch Avignon in Frankr. von 1348 bis 1797.
Der Kirchenstaat, 1797 von den Franzosen besetzt, wurde 1798 zur
Römischen Republik erklärt (der Papst Pius Vl. nach Frankreich
geführt, wo er 1799 starb), 1800 wieder hergestellt, mußte 1808 den
N. Theil abtreten und wurde 1809 mit Frankreich vereinigt. Der alte
Zustand kehrte 1814 zurück. Das ganze Land wird in 17 Delega¬
tionen erster, zweiter, dritter Klasse getheilt, außer Rom,
und den Distrikten Tivoli und Subiaco. Fünf Delegationen, an
deren Spitze Cardinäle stehen, heißen Legationen; die Delegationen
sind in Gubernien eingetheilt.
Rom an der Tiber, fast 3M. im Umfange, aber großen Theils, vor¬
züglich in SO. unbebauet, 145,000E., unter denen 4800 geistliche Perso¬
nen und 4000 Juden. Rom schließt noch jetzt in seine 4 Meilen langen
Mauern die alten 7Hügel, den plannischen, capitolinischen, guirinali-
schen, cölifchen, aventimschen, viminalischen und exquilinischen, so wie
den Monrorio (Janiculus), den Monte pincio (oollis hortulorum),
Litorio, Testaccio und Varicano ein, aber nur ein kleiner Theil dieses
großen Raumes ist stadtmaßig bebauet. Einzelne Quartiere, deren man
14 zahlt, bestehen zum Theil aus Garten, Wiesen und Weinbergen, oder
sind verödet, werden wohl gar Nachts von Landleuten, die mit ihren Heer-
den aus den Umgebungen kommen, in Besitz genommen, oder sind durch
ihre ungesunde Luft berüchtigt und fast unbewohnbar. Ein sonderbares
Schauspiel bietet z.B. der Eampo vaccino (das alte Forum) dar: Heer-
den neben Pallasten, Hütten, Buden, Tempeln, Klöstern und Ruinen, das
Elend der jetzigen, die Pracht der Vorzeit. Rom, jetzt 2300 Jahr alt, ist
aber trotz seines gesunkenen Zustandes, durch die Zahl und Pracht seiner
Straßen, Plätze, Kirchen, Klöster, Pallaste und Ruinen aus dem Alter-
thume, durch sein- unzähligen Kunstwerke, durch seine Bibliotheken und
Anstalten, vor Allen durch seine Geschichte die merkwürdigste Stadt der
Welt. Unter den öffentlichen Platzen bemerken wir: den prachtvollen
Play des Lapirols, den unter anderen Alterthümern die vergoldete bron-
cene Reiterstatue des Kaisers Marc. Aurelius und die des Bastor und