Full text: Grundriß der preußisch-deutschen sozialpolitischen und Volkswirtschafts-Geschichte

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II. 1713-1806. 
sich beugen, oder er brach es. Dem Widerstand der Dummheit be¬ 
gegnete er mit einem lehrhaften Zuge; seine wichtigsten Erlasse 
enthalten zugleich eingehende Belehrungen. Nur das Sachliche, 
Wirkliche fand bei ihm Beachtung, kurz und klar mußten alle Be¬ 
richte sein, schnell und in einem Zuge jedes Werk getan werden. 
Dieser größte, derbste Realist schützte doch nicht den Genuß materieller 
Güter am höchsten, sondern das Bewußtsein erfüllter Pflicht und ein 
reines Gewissen. Bei aller Demut gegen Gott kannte er keine 
Rücksichten gegen Menschen. Seinem Willen gegenüber gab es nur 
Untertanen; kein Recht der Persönlichkeit galt, und um des Ge¬ 
meinwohls willen wurde das Wohl manches einzelnen mitleidlos 
geopfert. 
Friedrich der Große folgte in der innern Verwaltung des 
Staats den Spuren seines Vaters und tat dies mit Überzeugung 
und Absicht. Aber überall machte sich sein freierer Blick und ein 
größeres Herz geltend; er war mehr Führer als Zuchtmeister seines 
Volks. Ebenso pflichteifrig, ebenso tatkräftig und unternehmend wie 
Friedrich Wilhelm wußte er sich doch mehr zu zügeln und verlor 
nicht in der Leidenschaft das Maß der Menschen und der Dinge. Der 
Vater legte den Nachdruck auf die Entwicklung der Landwirtschaft, 
ohne jedoch Gewerbe und Handel zu vernachlässigen; sein großer 
Sohn machte es umgekehrt und beide entsprachen damit den Zeit¬ 
verhältnissen. Durch die Klarheit, mit der beide erkannten, was dem 
Volke aufhelfen und die Zukunft des Staates sicherstellen konnte, 
waren sie allen Zeitgenossen überlegen und die Machtmittel des 
Staats, ihnen durch den Zufall der Geburt zugefallen, hätten durch 
keine freie Wahl bessern Händen anvertraut werden können. Das 
Volk, noch in ärmlichen Verhältnissen lebend, mit Gefühl und Urteil 
an ein enges Leben gebunden und ohne freien Ausblick in die Welt, 
hatte doch wieder Selbstvertrauen gewonnen und in Handel und 
Handwerk entschiedene Fortschritte gemacht. Willig ließ es sich von 
Friedrich Wilhelm I. in seine strenge Schule nehmen und eignete sich 
die Tugenden seines Vorbildes, Ordnung, Sparsamkeit und Arbeits¬ 
lust an, aber ungern empfand es doch die Rauheit seines Befehls¬ 
tons und die Härte seiner Hand. Wenn Friedrichs des Großen 
Herrschaft kaum gelinder, und die Opfer, die er für den Staat 
forderte, viel größer waren, so fand man sich doch durch den Anteil
	        
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