Full text: Lehrbuch der allgemeinen Geographie

Vierte Abtheilung. 
Das Wichtigste aus der astronomisch-physikalischen 
Geo graphie. 
8 120. 
Kurzer Ueberblick der astronomischen Entdeckungen. 
Die Völker des Alterthums ließen sich von dem Scheine zum Glauben 
verleiten, daß die Erde der Kern des Weltalls und in Rnhe sei, daß die 
Sonne, der Mond und die Gestirne sich um die Erde bewegen, und daß 
die Erde den Mittelpunkt des Weltalls bilde. Sie hielten es dabei für 
eine entschiedene Bevorzugung, auf der Mitte der Erde zu wohnen. So 
glaubten die Inder, ihr Götterberg Meru bilde das Centrum der von Ge¬ 
birgen eingefaßten, auf dem Weltmeer schwimmenden Erdfcheibe und jenseit 
des Himalaya beginne bereits der Ocean. 
Die Juden dachten sich in Jesaias Zeit (777 v. Chr.) , die Erde sei 
eine vom Meere umflossene, von Säulen getragene Platte, in deren Mittel¬ 
punkt Jerusalem liege. Homer, welcher vor Jesaias lebte, hält die Erde 
für eine Scheibe, welche vom Ocean umflossen sei. „Ueber sie gespannt ist 
die feste Wölbung des Himmels, welcher auf Säulen ruht und unter wel¬ 
chem Helios und Selene, die Hyaden und Plejaden, die große Kraft des 
Orion und die Bärin, die immer den Orion sieht uud von allen Gestirnen 
allein niemals in den Ocean hinabsteigt, auf Wagen dahinrollen. Helios 
steigt des Morgens aus dem Ost-Oceau herauf, umfährt die krystallene Feste 
in höherem oder niederem Bogen, und senkt sich am Abend im W. in den 
Ocean, von wo er auf goldenem Kahn über N. zurück nach O. fährt, um 
des andern Tags seinen Laus wieder zu erneuern." Homer hielt Griechen¬ 
land für die Mitte der Erde; seine Vorstellungen hielten sich bis zum 6. 
Jahrh, vor Chr., obwohl schon früher die Chaldäer in Babylon (§ 114) 
richtigere Ansichten vom Weltall gehabt haben müssen, welche den Griechen 
und Römern erst später bekannt wurden. Thales aus Milet, einer der 7 
Weltweisen Griechenlands (600 v. Ehr.), verstand es bereits, eine Sonnen- 
finsterniß zu berechnen; er hielt das Himmelsgewölbe für eine hohle Kugel, 
welche den platten Erdkörper sammt der Luft über und unter dem Meere 
umschließe. Um 550 v. Chr. vermuthete Pythagoras von Samos die Kugel¬ 
gestalt der Erde, worüber freilich der griechische Geschichtsschreiber Herodot 
(450) lächelt. Aber Aristoteles von Stagira (350) pflichtete dem Pythagoras 
vollkommen bei und lehrte: „Das Wasser sucht immer die niedrigste Stelle, 
die dem Mittelpunkt der Erde am nächsten liegt; es kann mithin an keinem
	        
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