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Asien. 
Aermel, das zwei Löcher hat. durch welche sie die Arme stecken, 
und um den Kopf ein buntes Tuch, dessen zwei Zipfel herab¬ 
hangen; die schwarzen Locken fallen auf die Schultern. Die 
Weiber leben zwar nicht so eingezogen wie im übrigen Morgen¬ 
lande, und gehen sogar in manchen Gegenden unter den Män¬ 
nern frei herum; doch sind das nur Ausnahmen. Je vornehmer 
der Araber ist, desto beschränkter ist seine Frau. Eine Englän¬ 
derin, die sich einige Jahre in Arabien aufhielt, und von ihrem 
Wirthe, einem angesehenen Häuptling, die Erlaubniß erhielt, 
dessen Frau zu besuchen, fand ihr Gesicht mit einer gestickten 
Musselinlarve bedeckt, und keine Bitten konnten die Frau be¬ 
wegen, das Gesicht ihr zu zeigen. Bei einem Besuche, den sie 
einigen andern Araberinnen machte, brachte sie endlich diese Da¬ 
men dahin, die Larve abzunehmen, aber die guten Frauen thaten 
dabei, als wenn sie sich ganz entsetzlich schämen müßten, und 
bedeckten ihre Gesichter mit den Händen, als wenn sie eine große 
Unschicklichkeit begangen hätten. Die Reisende hatte große 
Schönheiten zu sehen geglaubt, aber sie sah nichts als große 
Adleraugen, eine dunkle Hautfarbe, und über der Stirn kurz 
abgeschnittenes Haar. Auf die Frage, womit sie sich denn den 
ganzen Tag beschäftigten, antworteten sie: „wir setzen uns nie¬ 
der; das ist alles." Eine herrliche Lebensbestimmung'.! 
Um das Leben unter den Beduinen kennen zu lernen, stehe 
hier die Erzählung eines Engländers, der vor einigen Jahren 
mit seinen Reisegefährten in die Hände eines Beduinenstammes 
fiel. Er war im Kloster des Berges Sinai gewesen, und machte 
von da einen weiten Spatziergang. Hungrig und ermüdet freute 
er sich schon 'auf die im Kloster zu findende Erquickung. Die 
Sonne neigte sich zum Untergang, und die Gesellschaft war 
schon in der Nähe des Klosters. „Da bemerkten wir einige 
Kameele und abgestiegene Araber, die seitwärts vom Wege stan¬ 
den, und uns laut zuriefen, anzuhalten. Ein Scheik (Anführer) 
trat vor, und ergriff Herrn C., der ihn aber von sich stieß. 
Ein junger Araber, darüber in Wuth, zog sein Pistol, hielt es 
uns entgegen, und wollte feuern, als ein andrer Häuptling ihm 
in den Arm fiel. In einem Augenblicke waren wir umringt 
und in der Gewalt dieser Beduinen, 12 an der Zahl mit 3 
Häuptlingen. Alle hatten Flinten mit Luntenschlössern und 
Säbel. Unser Gepäck und unsere Waffen waren im Kloster, 
und wir hatten nichts des Namens werth. Die Araber waren 
aus ihrem, einige Tagereisen entfernten Lager gekommen, um 
vom Kloster Lebensmittel zu erpressen, die Mönche hatten aber 
die Forderung abgewiesen. Die Araber, darüber aufgebracht, hat¬ 
ten den Vorsatz gefaßt, uns zu fangen, und uns so lange zu 
behalten, bis ein Lösegeld bezahlt oder ihre Forderung bewilligt
	        
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