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Deutschland, 
scheu Lehre. In den meisten Ländern leben die Luthera¬ 
ner und Neformirten noch in kirchlicher Trennung; hier 
und da haben sie sich zu Einer Kirche, der evangelischen, 
vereinigt. In einigen Gegenden findet man auch noch Be¬ 
kenner andrer christlichen Secten, die, wie billig, wenn sie 
keine die Ruhe störenden Meinungen haben, geduldet werden. 
Namentlich hat die evangelische Brüdergemeinde vie¬ 
le Colonien *). 
*) Im I. 1722 kam eine Anzahl mährischer Brüder (Nachkommen der 
Hussitcn), die in ihrem Vaterland verfolgt waren, aus Böhmen und 
Mähren nach der Oberlausiß (im Königreich Sachsen), und wurden von 
dem menschenfreundlichen Grafen von Zinzendorf hülfreich aufge¬ 
nommen. Er wies ihnen auf dem Grunde seines Gutes Barthelsdorf, 
zwischen Zittau und Löbau, eine Stelle an, wo sie sich anbauen könnten, 
und da bald mehrere ihrer Glaubcnsbcüder nachkanicn, so stand nicht 
lange daraus eine freundliche Stadt da, die Herrn Hut genannt wurde. 
Als nun die Gemeinde größer wurde, hielt cs der Graf für nöthig, ge¬ 
wisse Regeln des Glaubens und Handelns festzusetzen, nach denen sich Alle 
zu richten hätten. Schon früher hatte sich der edle Graf mit dem Wun¬ 
sche getragen, eine rein-evangelische Kirche zu stiften, und er freute sich, 
jetzt seinen Lieblingsplan ausführen zu können. Er setzte dic'Hauptwahr- 
heitcn des Christenthums auf, wozu sich Alle bekannten, und führte eine 
solche Verfassung und Kirchcnzucht ein, wie sie schon früher bei der mäh¬ 
rischen Brüderkirche gewesen war. Bei ihnen ist die Religion niehr 
Sache des Gefühls als des Verstandes, und sie gefallen sich daher beson¬ 
ders im Gebrauche von religiösen Bildern. Sie hangen vorzüglich an 
dem Glauben, daß Jesus noch jetzt fortfahre, seine Kirche zu regieren, 
und zwar in allen Verhältnissen des menschlichen Lebens. Sie verehren 
Gott nur in dem Heilande; der Heiland habe alle Werke der sichtbaren 
und unsichtbaren Welt hervorgebracht, und leite noch jetzt ihr ganzes 
Thun. Daher nehmen sie auch alles im Namen des Heilandes vor, und 
zu allen ihren Entschlüssen geben sie als Grund an: „der Heiland will 
cs." Von ihm glauben sie auch, daß er bei zweifelhaften Fällen den 
Ausgang des Looses bestimme. Sie pflegen daher wohl das Loos über 
ihre Schicksale entscheiden zu lassen, z. B. bei Verheirathungen, Amts¬ 
besetzungen. Doch nur der, welcher loost, ist daran gebunden, nicht 
aber der, für den durch einen Andern geloost wird, so daß der Mann 
die ihm durchs Loos zuerkannte Braut ausschlagen kann, was aber nur 
in seltenen Fällen geschehen soll. Den Heiland denken sie sich am liebsten 
unter dem Bilde eines Opferlammes, und meinen, t daß die christliche 
Gesinnung besonders in.dem lebhaften Gefühle der Sündhaftigkeit beste¬ 
he; aber dieses Gefühl erscheint ihnen nicht als ein qualvolles, sondern ^ 
als ein süßes, weil das Lamm die Sünden der Welt trage. Uebrigens k 
sind cs stille, friedfertige Leute, die Keinen unter sich dulden, der einem 
Laster sich hingiebt. Täglich werden Abends und Morgens 3 Mal got¬ 
tesdienstliche Versammlungen gehalten in einem freundlichen, geräumigen, 
schmucklosen Saal, worin beide Geschlechter getrennt sitzen, und sehr lang¬ 
sam und feierlich einige Verse gesungen werden. Die Vorträge des Geist¬ 
lichen werden nicht von einer Kanzel, sondern hinter einem grünbchange- 
nen Tische gehalten. Vorzüglich rührend und feierlich ist die Abendmahls-
	        
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