Object: Die vorchristliche Zeit (Theil 1)

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daß es den Segestanern den verlangten Beistand bewilligte. Durch Alci 
.biades' Reden begeistert, schwelgte das Volk schon zum Voraus in aus¬ 
gelassener Siegesfreude und träumte sogar von Afrika's und Karthago's 
Eroberung, worauf dann die Unterwerfung Italiens und des Peloponnes 
folgen sollte. Die prächtigste von allen Flotten war mit großen Kosten 
ausgerüstet und der Oberbefehl in die Hände des Nicias, Lamachus und 
Alcibiades gelegt. 
Noch ehe die Flotte auslies, ereignete sich in Athen ein Vorfall, der 
für Alcibiades die verderblichsten Folgen hatte. In einer Nachr wurden 
alle Hermessänlen (dem Gott Merkur geheiligte Statuen), die vor den 
Häusern der Athener standen, umgeworfen und verstümmelt, wahrscheinlich 
von einer Schaar trunkener und mnthwilliger Jünglinge. Das Volk sah 
hierin einen Angriff auf seine Religion und einen Versuch zum Umsturz 
seiner Freiheit. Aller Verdacht fiel auf Alcibiades, dessen Feinde nicht 
säumten, den Unwillen des Volkes gegen ihn rege zu machen, zumal da 
ein Gerücht im Umlauf war, daß er gewisse gottesdienstliche Handlungen 
der Athener mit seinen Freunden heimlich nachgeäfft und verspottet habe. 
Seine Feinde drohten mit einer Anklage und Alcibiades drang darauf, 
daß diese Sache noch vor seiner Abreise nach Sicilien entschieden würde. 
Allein seine Gegner wußten, daß sie ihm, so lange er in Athen sei, nichts 
anhaben konnten, denn er stand bei dem Volke und dem Heere in großer 
Gunst. Sie ließen daher die Anklage vorläufig ruhen und drangen aus 
die Abfahrt. 
Alcibiades segelte ab. Die Flotte landete an der Küste von Sicilien 
(415) und schon hielten die Feldherren Rath über den Kriegsplan, als von 
Athen ein Schiss ankam, das den Alcibiades abholte, damit er vor Gericht 
sich stellte. In seiner Abwesenheit hatte man ihn der Entweihung der Re¬ 
ligion angeklagt und Viele der Mitschuldigen waren bereits als Opfer der 
Volkswuth hingerichtet worden. 
Alcibiades folgte dem Befehl und bestieg das Schiss. Unterwegs 
aber faßte er den Entschluß, heimlich seinen Wächtern zu entfliehen, denn 
er trauete dem Wankelmuthe der Athener nicht. Als ihn Jemand fragte: 
„Trauest du denn deinem Vaterlande nicht?" antwortete er: „Nicht ein¬ 
mal meiner eigenen Mutter, denn sie könnte aus Versehen einen schwar¬ 
zen Stein statt eines weißen in die Urne werfen!" Er entkam nach Elis, 
und als er hörte, daß die Athener ihn zum Tode verurtheilt und sein 
Andenken verflucht hätten, sagte er: „Ich will ihnen zeigen, daß ich noch 
lebe!" Aus Rache ging er nach Sparta, wo man ihn natürlich mit 
Freuden aufnahm. Von nun an war es seine Sorge, den Athenern auf 
alle Weise zu schaden, und er ertheilte den Lacedämoniern die besten Rath¬ 
schläge, wo sie den Krieg auf die für Athen verderblichste Weise führen 
könnten. Auf seinen Rath befestigten sie das nahe an der Grenze von 
Attika gelegene Decelea und wiederholten von diesem festen Standpunkte 
aus jährlich die verheerenden Einfälle in das attische Gebiet. Ferner 
ertheilte er ihnen den Rath, den Syrakusern in Sicilien Hülfe zu schicken,
	        
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