fullscreen: [Geschichte des Alterthums] (Theil 1)

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man die Zeit des ritterlichen Heroenthums das homerische Zeitalter nennt, 
so bezeichnen wir, wohl mit noch größerem Rechte, die kurze Glanzperiode 
Griechenlands, das heißt in diesem Sinne Athens, als die perikleische 
Zeit, nach ihrem Begründer und Beschützer Perikles, einem Abkömmling 
der Alkmäoniden und Neffen des athenischen Gesetzgebers Klisthenes. Denn 
wie das Heroenthum den würdigen Sänger in Homer, so hat das gebil¬ 
dete Hellenenthum sich einen vollwichtigen Repräsentanten in Perikles er¬ 
schaffen, in welchem das Ideal des vorwiegend national-athenischen Wesens 
persönlich geworden ist. Perikles vereinigte in sich des Themistokles Scharf¬ 
blick und kühne Unternehmungslust, die bürgerliche Redlichkeit und Auf¬ 
opferungsfähigkeit des Aristides und die weise Mäßigung und Leutseligkeit 
des Cimou. Man sagte von ihm, daß er alle Tugenden besaß, deren 
Einer aus dem athenischen Volke fähig war, und daß er'die Gebrechen 
seines Stammes nur aus politischer Berechnung und Klugheit theilte. 
Die Athener wußten wohl zu schätzen, was sie durch seine Verwaltung 
erlangten. Trotz dem anscheinend nicht vortheilhafteu Frieden war ihre 
Macht zu Land und zur See von mißgünstigen Neidern wie von hülfs- 
bedürftigen Schutzsuchenden gleicherweise als die erste anerkannt. Den täg¬ 
lichen Lebensbedarf gewann der Bürger durch Ackerbau, Gewerbe, Handel 
und Kunstfertigkeit aller Art. Die geistige Bildung aber und der Sinn 
für schöne und edle Werke der Kunst ward Gemeingut der Athener durch 
die staatlichen und volksthümlichen Einrichtungen des athenischen Lebens. 
Jeder Bürger war für die höchsten Beamtenstellen wählbar, folglich mußte 
auch jeder die Einsicht in die Gesetzesordnnng des Staates besitzen. Die 
öffentliche Gerichtsbarkeit gewährte freien Einblick in das Staatsleben; von 
der Rednerbühne, auf dem Markte, wurden die Entschlüsse und Geschicke 
des Volkes gelenkt. Die öffentlichen Bildungsanstalten, die Gymnasien, 
die Akademie waren für Jedermann zugänglich. Andächtige Erhebung und 
Erschütterung fand der Athener auf seiner tragischen Bühne, die zur Zeit 
des Perikles in ihrer höchsten Blüthe stand und dem Kreise des täglichen 
Lebens so nahe angehörte, daß, als uni der vielen Staatsausgaben willen 
ein kleines Eintrittsgeld für das Theater erhoben wurde, dieses von 
Staatswegen den ärmeren Bürgern ausbezahlt werden mußte, um ihnen 
den als unerläßlich erachteten Besuch des Theaters möglich zu machen. 
Im AnschäUen edler Kunstwerke aber und in der Theilnahme an ihrer Ent¬ 
stehung ward Sinn und Auge geübt für das Maaß der Schönheit. Athen 
schmückte sich mit Prachtgebäuden und mit Götter- und Heroenbildern in 
Erz und Marmor. Aus der Akropolis erhob sich unter der Leitung des 
Perikles der Tempel der Athene Parthenon mit seinen Vorgebäuden, den 
Propyläen und der großen Prachttreppe, welche von der Stadt zu der 
Burg hinan führte, das Höchste, was zu allen Zeiten und aller Orten von 
der Baukunst überhaupt geleistet worden ist. 
Perikles verstand es, die Geister wach zu rufen; um ihn sammelte sich 
Alles, was das griechische Alterthum unsterblich gemacht hat. Die Werke
	        
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