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Blicke 'in die Vergangenheit Lauenhnrgs.
und die landesväterliche Fürsorge auf die Wohlfahrt derselben richten wolle.
Die Regierung solle nach den in Lauenburg bestehenden Gesetzen geführt werden.
Nun wurden die königlichen Beamten zur Treue gegen den König, ihren neueil
Landesherrn, durch den Eid verpflichtet, das preußische Wappen wurde auf¬
gesteckt, die schwarz-weißen Fahnen ausgehangen und ein Infanterie-Bataillon
rückte in die Stadt ein. Alles Volk aber jubelte und rief: „Hoch lebe Wil¬
helm, unser Herzog und Landesvater!" Am 26. September 1865, einem heiteren,
sonnigen Herbsttage, war der König Wilhelm selbst in Ratzeburg, um sich
von den Ständen huldigen zu lassen. Dies geschah in der freundlichen
St. Petrikirche. Der König nahm auf einem Throne dem Mar gegenüber
Platz; neben ihm saßen der Kronprinz, der Minister für Lauenburg, Graf
v. Bismarck, die Generäle und Würdenträger, sowie die Mitglieder der
Lauenburgischen Ritter- und Landschaft. Es wurde das Lied: „Allein Gott
in der Höh' sei Ehr'" angestimmt. Darauf hielt der Superintendent Brömel
vor dem Altäre die Huldigungsrede. Er erinnerte an das Wort der Schrift
1. Petr. Kap. 2, V. 13—16: „Seid unterthan aller menschlichen Ordnung um
des Herrn willen, es sei dem Könige als dem Obersten," und wies darauf
hin, daß der Eid wie ein Anker nicht für schm s Wetter und Frieden oder
Ruhe, sondern für die Zeit der Stürme und Prüfungen bestimmt sei; da solle
der in guter und gefahrloser Zeit geschworene Eid gehalten werden.
Nun erflehte die ganze Versammlung den heiligen Geist zu der feierlichen
Ablegung des Eides durch den Gesang des Liedes: „Komm, heiliger Geist,
Herre Gott."
Graf v. Bismarck erhob sich sodann, las die Eidesformel und fragte die
anwesenden Vertreter der Ritter- und Landschaft, ob sie gesonnen wären, „die
Erbhuldigung" zu thun. Jeder Einzelne trat darauf vor den Thron und sprach
mit erhobener Stimme und zum Schwur ausgestreckten Fingern die Eides¬
formel. Mit Gebet und Segen schloß die erhebende Feier.
Am folgenden Tage besuchte der König auch die Städte Lauen bürg
und Mölln und wurde von der Bevölkerung auf's Festlichste begrüßt. Es
waren Ehrenpforten gebaut, die Schützengilden und Gewerke empfingen Se.
Majestät; die Straßen waren mit Fahnen und Gewinden geziert, und die
Tausende, welche aus Stadt und Land sich versammelt hatten, um den neuen
Landesvater von Angesicht zu sehen, jauchzten ihm schallende Hurrah und Lebe¬
hoch zu.
Verlag der Königlichen Univerfitüts-Auchhandlung Ferdinand Hirt in Kreslau.
Druck von Wraß, Karth und Comp. (W. Friedrich) in Kreslau.