Full text: Lehrbuch der Geographie

Zweiter Abschn. III. Karpathen - u. Balkanlander. 3. Türkei. 197 
Nachkommen jener alten Hellenen, welche durch ihren gebildeten Ge¬ 
schmack und Kunstsinn, durch ihre herrlichen Talente, ihre Thätigkeit, 
Tapferkeit und hohe Vaterlandsliebe sich zu einem Originalvolke und 
zu den Lehrern und Bildnern aller Europäischen Nationen emporge- 
schwungen hatten. Trotz der beiden Jahrtausende, welche zwischen den 
alten und neuen Griechen liegen, sind die Urzüge jener bei diesen noch 
nicht ganz verwischt, und noch, heute finden sich unter ihnen Phidias 
schöne Formen. Nur der Druck ihrer Beherrscher, der Türken, hat 
ihren Charakter verschlechtert, sie unruhig, tückisch, boshaft, falsch 
und feindselig gemacht, so daß sie selbst von den Türken verachtet wer¬ 
den. Dabei aber besitzen sie noch Witz, Fassungskraft, Kunsifleiß und 
Heiterkeit, wie ihre Vorfahren, in hohem Grade; und wenn der Ncu- 
grieche seine Gebärdentänze tanzt, muntere Schifserliedcr singt, seinem 
Heiligen sich empfiehlt, und von den goldenen Zeiten alter Freiheit plau¬ 
dert, an die ihn so viele alte Denkmähler der Kunst und Wissenschaft 
mahnen: dann erinnert doch.auch so Alles, Sprache, Tracht (der weib¬ 
liche Gürtel), Gebräuche (das Augenküssen) an die schöne Jugendzeit 
der Hellenen. Aber könnte man jetzt fragen: wo ist Griechenland, wo 
seine Hellenen? — Lange Zeit schon alté der Reihe selbstständiger 
Völker und Staaten verschwunden, erwachten sie jüngst aufs Neue, 
durch die Verzweifelung geweckt, und ergriffen, überdrüssig der Ketten 
und des fürchterlichen Tyranncnjochs, die Waffen, anzukämpfen gegen 
das ungeheure Schicksal. Wahrscheinlich ist die Zeit nicht mehr fern, 
wo sie seit sechsjährigem Kampfe wieder selbstständig da stehen. 
Ein zahlreicher Griechischer Volksstamm, die Mainoten, von 
ihrem Hauptorte Maina, im Gebiet von Misitra, oder des alten 
Sparta, so genannt, etwa 60,000 Köpfe stark, haben schon bisher 
in ihren Gebirgen in Morea ihre Unabhängigkeit behauptet. Sie sind, 
wie die Sulioten in Ep i rus und Arnauten in Albanien, aus 
einer Vermischung der Griechen mit den Illyriern entstanden. Die 
Sulioten haben ihren Namen von dem Gebirge Suli zwischen Ja- 
nina, Nardaund Prevesa (S. 185). Die Hydrioten, 25,000 
Köpfe, auf der Insel Hydra, haben sich besonders tapfer in dem gegen¬ 
wärtigen Kampfe bewiesen. 
2) Slawen, 1,400,000, besonders in-den westlichen Gegenden 
der Türkei, in Bulgarien, Serbien, Bosnien und Kroatien. Die 
Kroaten, Bosniaken, Serben, Vulgaren, Morlaken, 
Montenegriner rc. sind einzelne Stämme derselben. 
3) Wlachen (Wallachen), 1,300,000, in der Moldau und 
Wallachei, reden ein verdorbenes Latein, und theilen sich in eigentliche 
Wlachen und Moldoweni, die Bewohner der Moldau, ein schö¬ 
nes, aber sehr rohes räuberisches Volk, das sich nie zur Selbststän¬ 
digkeit erhob. 
Die Türkische Sprache ist eine Tatarische Mundart, die et¬ 
was Volltönendes, zugleich aber auch viel Rauhes und Ernstes hat. 
Die Hof-, Kirchen- und Gelebrtensprache ist die Arabische; die Ar- 
nautische und Albar fische eine Vermischung der Slawischen und
	        
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