Full text: Erdkunde von Deutschland und seinen Nachbarländern

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Zwei Meilen davon, südostwärts, liegt ein kleines rein¬ 
liches Bergstädtchen, durch seine Salzbergwerke merkwürdig, 
die an 700,000 Cnt. jährlich von grau grünlichem Steinsalze 
liefern. Es ist Wieliczka. Etwa 400 Schritte vom Orte 
liegt der Hauptschacht, über welchem ein hölzernes Gebäude 
steht. Statt des sonst gebräuchlichen schwarzen Grubenkittels 
erhält der Steigende beim Einfahren einen weißen Linnen¬ 
mantel. Man wird beim Schein des Grubenlichtes 200' hin¬ 
unter gewunden, man kann aber auch auf einer hohen Treppe 
oder auf Leitern in die Grube hinabsteigen. Ein durch den 
grauen Salzstein gehauener Gang führt zur Kapelle. Die¬ 
ses ist ein großes Gewölbe mit einem Spitzbogen am Ein¬ 
gänge, mit Heiligenbilder, Kanzel und Altar im Innern. 
So knieen z. V. am Altare zwei Mönche und beten Maria und 
Jesus an. Alles ist aus Salzstein gehauen. Weil aber der 
Salzstein seinen Glanz bald verliert, so sieht alles düster 
und öde aus. Gänge durchkreuzen sich mannichfaltig, ohne 
Führer wäre es unmöglich sich in diesem weitsichtigen Berg¬ 
werke zurecht zu finden. Bald geht es viele Stufen hinab, 
bald hinauf, durch ungeheuere Gewölbe (Verhaue), wie durch 
enge Gänge; bald hört man, wie mit Hammer und Meisel, 
mit Keilen und Brechstangen das Salzgestein abgebrochen, 
bald wie es durch Pulverkraft auseinandergesprengt wird, 
bald begegnet man Bergleuten, welche die tonnenförmig zuge¬ 
hauenen Salzstücke fortwälzen, bald solchen, welche die Salz¬ 
brocken in sogenannten Hunden (Karren) bis dahin fortschie¬ 
ben, wo sie in die Höhe gewunden werden. Einen sonder¬ 
baren Eindruck '.nacht es, wenn man in diesen unterirdischen 
Räumen, das Hämmern, Schlagen, Sprengen, das Knallen 
von Peitschen, das Rufen der Fuhrleute, das Geräusch von 
Pferden und Wagen hört. Die Pferde haben unten in Salz 
gehauene Ställe. Besonders merkwürdig ist das Gewölbe, 
welches einen großen Saal vorstellt und wo die sehenswerthe- 
sten Dinge des weitläuftigen Bergwerkes aufbewahrt werden. 
An der Decke hängen aus Salz zierlich gearbeitete Kronleuchter, 
oben ist ein Chor für Musikanten ausgehauen, der Boden ist 
gedielt. Als Kaiser Alexander hier war, wurde ein Ball ge¬ 
geben und ebenfalls , wie Kaiser Franz das Bergwerk besuchte. 
Das Merkwürdigste ist, daß unten mitten in den Salzlagern 
eine Quelle süßen Wassers entspringt. Aus dem feinern Salz¬ 
steine werden allerlei Kunstsachen wie Zucker-, Tabacksbüchsen, 
Leuchter, Bücherbeschwerer gearbeitet. Das Bergwerk hat 
fünf Stockwerke, wovon das tiefste über 1000' unter der 
Erdoberfläche ist. Unerschöpflicher Reichthum an Material 
ist noch pprhanden. Frisch gebrochen sieht das Salz ziemlich
	        
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