Vorwort
Nachdem dieses Werkchen hinter mir liegt und ich einen Rück¬
blick auf dasselbe werfen kann, erscheint bei prüfendem Blicke mir
gar Manches darin ungenügend, und ich erkenne offen an, daß
ich nickt zur Hälfte das Ziel erreicht habe, was mir vorschwebte.
Die Verbindung der physischen mit der politischen Geographie,
wie ich sie angestrebt habe, ist bisweilen freilich ein mißlungener
Versuch geblieben, und ihre Zusammenstellung würde von mir
schon jetzt sicher hie und da besser geordnet werden, als sie vorliegt.
Auch haben sich außer den bisweilen Sinn entstellenden Druck¬
fehlern wirkliche Fehler eingeschlichen, die mir nicht unbekannt
find, und wozu ich denen, die darauf ausgehen, Fehler zu ent¬
decken, am besten das verborgene Pförtlein nachweisen könnte.
Bin ich nun weit entfernt, die Mängel dieses Buchs zu übersehen,
und komme ich den Ansprüchen, welche man jetzt an geographische
Bücher macht, in Vielem nickt gänzlich nach, so hoffe ich doch
ein Schcrflein beizutragen, um den geographischen Unterricht in
Bürger- und Volksschulen zu beleben. Die Erfahrung hat mich
gelehrt, daß der geographische Unterricht in diesen Schulen leicht
langweilig, schleppend und ermüdend wird, wenn nicht den geo¬
graphischen Stoff ein Kranz von „Vergißmeinnicht" umwindet.
Und bietet dazu nicht die Literatur fteundlichst die Hand, sind
nicht in ihr eine Menge von Oertern und Gegenden durch ge¬
schichtliche Ereignisse, eine große Zahl von Punkten durch Sa¬
gen verherrlicht und besungen worden? Und gerade diese Seite
sollte man noch mehr anbauen, besonders was das Vaterland
betrifft. Denn das Vaterland soll und muß die Krone und
der Gipfelpunkt der geographischen Kenntniß sein. Nach der
schwierigsten Auseinandersetzung werde eine Blume vom Felde
der Dichtkunst eingestreut, das erfrischt den Geist, das kräftigt
zu neuer Anstrengung, das prägt das Kartenbild oft mit un¬
auslöschlichen Farben in's Gedächtniß. Ich habe zum wenigsten
den Versuch oft gemacht, ich habe mit besonderer Vorliebe zu
diesem Zwecke aus unserer vaterländischen Literatur Altes und
Neues gesammelt, und habe zur schicklichen Zeit die Kinder für
gehabte Mühe belohnt. Nur ein Beispiel von vielen diene zur
Verständigung. Komme ich bei der Auseinandersetzung des Alpen¬
zugs zum St. Bernhard, so gebe ich eine Schilderung davon, so
weit es möglich und dienlich ist. Ist dieses geschehen, so lese ich
z. B. das Gedicht von Kuffner „der Hund des Hospitiums" vor:
„Hoch ragt das himmelnahe Rieseuhaupt
Des starrenden St. Bernhardsbergs empor." —
Das Gedicht hat stets den erwünschten Eindruck gemacht, den
St. Bernhard belebt, dem Kinde ein bestimmtes Bild eingeprägt.