Full text: Verschüttete Römerstädte, die Römer in den Provinzen, Lager und Soldatenleben, Religion und Philosophie, der Ausgang des römischen Weltreichs (Abt. 2)

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Jetzt sank es mehr und mehr zum bloßen Paganismus herab, 
polizeilich überwacht und chicaniert, mitunter wegen Magie oder 
Verbreitung oou Aberglauben belangt, oder bei politischen Demon¬ 
strationen in seinen eifrigsten Anhängern gestraft. Die vornehm¬ 
sten Gallier ambitionierten in der Folge nur noch römische 
Priestertümer; diese bildeten so einen der mächtigsten Hebel für 
die friedliche Verschmelzung des gallischen Wesens mit dem 
römischen. 
Der Landtag, als die Repräsentanz der gallischen Nation 
im Rahmen des Reiches, hatte das Recht, Ehrenbezeigungen für 
Statthalter oder sonstige verdiente offieielle Persönlichkeiten zu 
votieren und Adressen an den Kaiser zu erlassen; über mißliebige 
Statthalter konnte man Beschwerde führen. Wir hören, daß im 
Jahre 225 n. Chr. eine starke Oppositionspartei vorhanden war; 
nur der energischen Verteidigung des angeklagten Statthalters 
durch einen der Deputierten verdankte dieser seine Rettung, was 
er wie sein Nachfolger durch Dankschreiben anerkannte: der 
Deputierte fühlte sich dadurch seinerseits so geschmeichelt, daß er 
beide Briese auf seinen Grabstein setzen ließ; so sind sie uns er¬ 
halten. Man sieht daraus, daß die Regierung sich über Illoya¬ 
lität nicht zu beklagen hatte. 
Obwohl in Lugudunum der gesamte Verwaltungsapparat 
der gallischen Provinzen vereinigt war, so florierte die Stadt 
doch auch in jeder anderen Beziehung, namentlich in Handel 
und Gewerbe. Die Seidenindustrie, die gegenwärtig dort in so 
hervorragender Weise vertreten ist, datiert bis in die römische 
Zeit zurück; es gab in Lugudunum eine starke Kolonie orientali¬ 
scher Kaufleute, welche die Seide in rohem Zustande aus den Län¬ 
dern der „Serer" durch den Karawanenhandel über Persien bezogen. 
Die Verarbeitung erfolgte entweder in den Jndusirieorten 
Syriens, wie in Tyrus und Berytus, oder in Lugudunum, wo 
die hier angesiedelten Kleinasiaten und Syrer vermöge der ener¬ 
gischen Art und der Gewandtheit ihres Geschäftsbetriebes, den 
Galliern überlegen waren. Von Lugudunum aus wurden zahl-
	        
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