Lebensbilder und Sagen aus der Provinz
Pommern.
1. Wie es in Pommern zur Wendenzeit aussah.
Zur Zeit Karls des Großen wohnten an der Ostseeküste die Wenden;
sie gehörten zu den Slawen, zu denen auch die Polen und die Russen
gehören, und wurden von diesen Pomorzi, d. h. die am Meere wohnen,
genannt. Daraus ist der Name Pommern entstanden. Die Slawen ver-
drängten im sechsten und siebenten Jahrhundert die Germanen aus dem
Osten Deutschlands. Die Wenden waren nicht sehr große, aber kräftige
und tapfere Menschen. Ihr Haar und ihre Hautfarbe waren dunkel. Sie
sahen also anders aus als die Germanen, die blonde Haare und blaue
Augen hatten und sehr groß waren.
Ihr Land war voll von Wäldern und Sümpfen; und da es damals
Bären und Wölfe dort gab und sie auch häufig von ihren Feinden an-
gegriffen wurden, so mußten sie ihre Wohnungen sicher bauen. — Die auf
dem Lande wohnten, machten das meist so: sie schütteten einen ringförmigen
Erdwall auf, der nach außen steil, nach innen aber schwächer abfiel; oben
auf diesen Wall pflanzten sie noch rundherum dicht nebeneinander zuge-
spitzte Pfähle, Palisaden; nur an einer Stelle war ein Tor in dem Wall,
so daß man nur diese eine Stelle besonders gut bewachen mußte, wenn
Feinde kamen. Innerhalb des Walles bauten die Wenden ihre einfachen
Hütten auf; sie waren aus Holz und Lehm gemacht und mit Stroh ge-
deckt. Oft gruben sie um den Erdwall auch noch einen tiefen Graben
und machten um den noch einen Wall herum, so daß die Festung doppelt
geschützt war. Bei dem Bau einer solchen Festung mußten alle in der
Nähe wohnenden Pommern helfen; sie hatten dafür aber auch das Recht,
in die Festung zu flüchten, wenn Feinde kamen. Viele Pommern bauten
ihre Hütten mitten in den Sümpfen, um recht sicher zu wohnen. Da
rammten sie vorher bis in den festen Grund des Sumpfes Pfähle ein;
auf ihnen erbauten sie ein Balkengerüst, und darauf wurde dann erst die
Hütte errichtet, meist auch ganz einfach aus Holz und Lehm. Diese Bauten
nannte man Pfahlbauten. Die Pfahlbauten waren besonders für die
Wenden sehr praktisch, die sich mit Fischfang ernährten. — Da, wo viele
Pommern zusammen wohnten, lebten sie in Dörfern beieinander, die auch
meist von ringförmigen Mauern umgeben waren. In der Mitte des
Dorfes lag ein Teich; um den Teich herum standen im Kreise die Häuser.