Full text: D. Christian Gottfried Daniel Stein's kleine Geographie oder Abriß der gesammten Erdkunde für Gymnasien und Schulen

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Physikalische Geographie. 
oder umgekehrt anzunehmen, jedes Gebirge müsse nothwendig 
eine Hauptwasserscheide bilden, ein Irrthum, der dadurch genährt 
wird, daß auf so vielen Charten bloße Wasserscheiden oder Höhen¬ 
züge in der Zeichnung nicht von wirklichen Gebirgszügen unter¬ 
schieden werden. 
§. 13. Der Lauf aller Hauptströme der Erde zerfällt in 
drei Hauptformen, die sich von der Höhe nach der Tiefe 
allmalig entwickeln und durch die Ausdrücke oberer, mittlerer 
und unterer Stromlauf bezeichnet werden. Der obere 
Strom lauf beginnt mit den Quellen gewöhnlich im Hochgebirge, 
von welchem der junge Strom sich brausend hinabstürzt, woher 
überall in den Gebirgen die eigenthümlichen Benennungen der 
Gießbache, Sturzbache, Wildbache, Achen, Torrents, Gaven, 
Elben u. s. w. Wo sie die Hochgebirge verlassen, bilden sie Was¬ 
serfälle oder Eatarakten, das Hauptkennzeichen des oberen 
Laufes, und erweitern sich, wo das Gefalle abnimmt, zu oft sehr 
bedeutenden Alpenseen, in welchen sich ihre von Geröll und 
Schnee getrübten Wasser abklaren. Diese Alpenseen bezeichnen 
den Anfang des mittleren Stromlaufes durch oft sehr weite 
Stufenlander, in welchen die Stromrhaler als eine Reihe trocken 
gelegter Seeboden von ungleicher absoluter Höhe erscheinen. Die 
Uebergange aus den obern in die tiefer gelegenen Stufen sind durch 
Zusammenschnürungen und guer den Fluß durchsetzende Felstrümmer 
bezeichnet, welche oft alle Schifffahrt hemmende Strudel und 
Stromschnellen verursachen. Der vielen Hindernisse wegen 
windet sich der Strom in Schlangenlinien, Serpentinen, fort 
und bildet häufige Inseln oder Werder. Unterhalb der letzten 
Stromschnelle beginnt der untere Strom lauf durch die Tief- 
und Flachländer, in welchen die Ströme mit sehr geringem Gefälle 
breit, rubig und wasservoll dahinfließen, ein Segen der Uferländer. 
Stromanschwellungen, welche in den Tropcnländern regelmäßige, 
befruchtende Ueberschwemmungen verursachen, der Druck des Was¬ 
sers und der Gegendruck der Ebbe und Fluth bewirken hier beson¬ 
ders das Wechseln des Strombettes, die Theilung der 
Ströme in mehrere Arme, die Deltabildung bei der Mün¬ 
dung, und unter dem Wasserspiegel die Ablagerung von Sand¬ 
bänken und Barren. 
§. 14. Ein in ein weites Becken zusammengelaufenes, überall 
von Land eingeschlossenes Gewässer beißt ein Landsee oder Bin¬ 
nensee im Flachlande, ein Gebirgssee oder Alpensee im 
Gebirge. Die meisten Seen haben süßes, einige, und zwar sehr 
beträchtliche auch salziges Wasser. Einige, die wenigsten und 
unbedeutendsten, nehmen weder Flüsse auf, noch lassen sie der¬ 
gleichen von sich ausfließen; einige haben zwar einen Abfluß, aber 
keinen Zufluß; andere haben Zufluß, aber keinen Abfluß; noch
	        
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