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Physikalische Geographie.
oder umgekehrt anzunehmen, jedes Gebirge müsse nothwendig
eine Hauptwasserscheide bilden, ein Irrthum, der dadurch genährt
wird, daß auf so vielen Charten bloße Wasserscheiden oder Höhen¬
züge in der Zeichnung nicht von wirklichen Gebirgszügen unter¬
schieden werden.
§. 13. Der Lauf aller Hauptströme der Erde zerfällt in
drei Hauptformen, die sich von der Höhe nach der Tiefe
allmalig entwickeln und durch die Ausdrücke oberer, mittlerer
und unterer Stromlauf bezeichnet werden. Der obere
Strom lauf beginnt mit den Quellen gewöhnlich im Hochgebirge,
von welchem der junge Strom sich brausend hinabstürzt, woher
überall in den Gebirgen die eigenthümlichen Benennungen der
Gießbache, Sturzbache, Wildbache, Achen, Torrents, Gaven,
Elben u. s. w. Wo sie die Hochgebirge verlassen, bilden sie Was¬
serfälle oder Eatarakten, das Hauptkennzeichen des oberen
Laufes, und erweitern sich, wo das Gefalle abnimmt, zu oft sehr
bedeutenden Alpenseen, in welchen sich ihre von Geröll und
Schnee getrübten Wasser abklaren. Diese Alpenseen bezeichnen
den Anfang des mittleren Stromlaufes durch oft sehr weite
Stufenlander, in welchen die Stromrhaler als eine Reihe trocken
gelegter Seeboden von ungleicher absoluter Höhe erscheinen. Die
Uebergange aus den obern in die tiefer gelegenen Stufen sind durch
Zusammenschnürungen und guer den Fluß durchsetzende Felstrümmer
bezeichnet, welche oft alle Schifffahrt hemmende Strudel und
Stromschnellen verursachen. Der vielen Hindernisse wegen
windet sich der Strom in Schlangenlinien, Serpentinen, fort
und bildet häufige Inseln oder Werder. Unterhalb der letzten
Stromschnelle beginnt der untere Strom lauf durch die Tief-
und Flachländer, in welchen die Ströme mit sehr geringem Gefälle
breit, rubig und wasservoll dahinfließen, ein Segen der Uferländer.
Stromanschwellungen, welche in den Tropcnländern regelmäßige,
befruchtende Ueberschwemmungen verursachen, der Druck des Was¬
sers und der Gegendruck der Ebbe und Fluth bewirken hier beson¬
ders das Wechseln des Strombettes, die Theilung der
Ströme in mehrere Arme, die Deltabildung bei der Mün¬
dung, und unter dem Wasserspiegel die Ablagerung von Sand¬
bänken und Barren.
§. 14. Ein in ein weites Becken zusammengelaufenes, überall
von Land eingeschlossenes Gewässer beißt ein Landsee oder Bin¬
nensee im Flachlande, ein Gebirgssee oder Alpensee im
Gebirge. Die meisten Seen haben süßes, einige, und zwar sehr
beträchtliche auch salziges Wasser. Einige, die wenigsten und
unbedeutendsten, nehmen weder Flüsse auf, noch lassen sie der¬
gleichen von sich ausfließen; einige haben zwar einen Abfluß, aber
keinen Zufluß; andere haben Zufluß, aber keinen Abfluß; noch