Asien (China). 381
Die Insel Formosa (chinesisch Thai-wan) und Haynan im chinesi—
schen Meerxe sind an 1000 Meilen groß, bergig und fruchtbar, aber auch der
Sitz der Seeräuber, welche China ängstigen. Sie theilen sich in die gelbe
Flagge, die bloß rauben, und die schwarze Flagge, die Alles morden.
b) Die Nebenländer Chinas.
aa) Die Mantschurei.
Sie grenzt ans ochotzkische Meer und an Rußland, ist meist gebirgig, nicht
unfruchtbar, hat aber mehr ein rauhes als warmes Klima. Der Amur
(schwarze Fluß) macht die Grenze gegen Rußland, daher heißt das Land auch
Amurland, wie auch Tungusien, weil seine Bewohner zum Theil Tun—
gusen sind, die wir schon bei Rußland kennen gelernt haben. Auch sind hier
die Mantschu, von denen ein Stamm im Jahre 1644 China erobert hat. Das
niedere, bedeutende Mündungsland des Amur ist jetzt im Besitze der Russen.
Die Bewohner der Mantschurei sind meist Landleute, und bekennen sich
zur Religion des Fo. Viele huldigen auch dem Schamanen-Wesen oder viel—
mehr Unwesen. Bedeutende Städte gibt es hier nicht. — Da uns auch die—
ses Land nicht sehr bekannt ist, so müssen uns die Aufschlüsse, welche uns
katholische Missionare in neuester Zeit ertheilten, sehr willkommen sein.
So äußert sich Verrolles, apostolischer Vikar der Mantschurei, über diese
Gegend.
„Die Mantschurei zerfällt in 3 große Provinzen: südlich liegen Koang-kong,
in der Mitte Kixin und im Norden Saghalien. Sie reicht ungefähr vom 40. bis
56. Grade nördlicher Breite, und vom 115. bis 140. Längengrade (von Paris). Der
westliche Theil ist im Durchschnitt ebenes Land und gut angebaut, da die Mantschus
Bauern, und nicht Nomaden wie die Mongolen sind. Im Innern des Landes, das
im Ganzen gebirgiger ist, wimmeln die Wälder von Tigern, Bären, Gemsen und
schönen Hirschen. Diese den größten Theil des Bodens bedeckenden Wälder gehören
dem Kaiser, und es darf sie unter Todesstrafe Niemand betreten. Sie grenzen an
Korea. Die einzige Provinz Koangkong muß als jährlichen Tribut 1200 Hirsche lie—
fern, Kirin 660 uünd eben so viele Saghalien. Die jährlich wiederholte Jagd ist ein
Staatsgeschäft, von den obersten Mandarinen der Sladt geleitet. Die Jäger können
hier besser, als im Streite mit den Engländern, Proben ihres Heldenmuthes ablegen.
Ueber den Gipfeln der meist mit Wald bedeckten Berge wiegt sich der Condor, in
dessem Neste man sogar Knochen von Kälbern und Eseln, von Menschen und aäuch
Silberstangen will gefunden haben. Den Wanderer soll vor ihm nur eine gute Flinte
schützen können. In diesen Wäldern kommt auch der Zobelmarder vor, mit dessen
kostharem Pelze nur der Kaiser und einige bevorzugte Obermandarinen sich schmütken
dürfen. — Die Flüsse im Norden, besonders der Songari und der Saghalien,
wimmeln von Blbern und Fischottern; auch fischt man darin sehr viele Perlen, ein
Monopol ß den Kaiser; dies ist auch der Jensen, eine berühmte Pflanze, das
trefflichste nerverstärkende Mittel, wovon das Pfund wohl auf 500 Fres. kommt.
„Selbst im Süden ist die Kälte durchschnittlich im Winter 30 Grad und gleicht
ungefähr der Temperatur von Moscau. Hier gefriert der Boden nur 3 Schuh tief,
in Kirin aber, wo ich den Winter von 1841 zůbrachte, gefriert er in einer Tiefe von
7 Schuhen. Die Luft schneidet ein, wie ein Rasirmesser, und es ist, als ob die Wan—
gen mit Nadeln durchstochen würden. Gehen wir gegen die russische Grenze, zu den
Ichthyophagen, dann haben wir gar keine Worte mehr, um die schreckliche Kälte aus-