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Katze; alle unsere Hausthiere mußten erst dahin verpflanzt werden, und haben
sich mit der Zeit unglaublich vermehrt, so daß Heerden von Tausenden zum
Theil wild leben, und meilengroße Landstriche einnehmen*“). Ueberhaupt ist
das Thierreich in Amerika ursprünglich schwächer und dürftiger, als in an—
dern Erdtheilen. Der Kaiman kommt zwar häufig vor, aber was ist er gegen
das mächtige Krokodil des Nils! Was ist die Boiguacu gegen die Riesen—
schlange Asiens, und was der Puma, der Jaguar, der Anzelol gegen den Lö—
wen in Guinea und den Tiger in Bengalen! Auch die Affen Amerika's sind
Schwächlinge, meist mit Wickelschwänzen, welche die Kraft ihrer Pfoten er—
setzen müssen. Die Armadillen und Faulthiere haben größtentheils nicht ein—
mal Zähne. Selbst die Menschen, d. h. die Urinwohner, sind meist kraftlos.
Nur die Vögel geben ihren Verwandten in der alten Welt an Größe und
Federpracht nichts nach, ja sie dieselben noch in letzterer Beziehung,
aber Singvögel, wie Europa besitzt Amerika nicht. — Auch die edlern Ge—
wächse der alten Welt finden sich in Amerika nicht, selbst die Kokospalme
nicht (obschon wohl Palmen vorhanden sind, unter andern die majestätische
180 Fuß hohe Wachspalme), noch weniger die Gewürzbäume der Molukken
und Ceylons Zimmet. Die Südfrüchte Europas, unsere gewöhnlichen Obstar—
ten und unser Getreide, Asiens Reis, Kaffeebaum und Zuckerrohr mußten hier—
her verpflanzt werden, haben sich aber ganz vorzüglich vermehrt; nur der Wein—
stock will noch nicht recht fort. Dagegen schenkte Amerika uns den Mais, der
in Europa noch lange nicht genug geschätzt wird; die Kartoffel, die in Euro—
pas Boden sogar veredelt ist *), den Tabak, der wenigstes in so fern nützlich
ist, als er vielen tausend Fabrikanten und Kaufleuten Gewinn schafft, die
Chinarinde, die Quassia, die Sassaparille und andere Gewächse, welche der
Gesundheit so dienlich sind. Ueberhaupt erscheint das Pflanzenreich in Amerika
mannigfaltig, eigenthümlich, großartig, reichhaltig: diese dichten und großen
Wälder, diese zahlreichen und riesigen Grasplätze, diese Gräser von unglaub—
licher Höhe, dieses undurchdringliche Gewebe von Schlingpflanzen, und diese
baumartigen Farrenkräuter. Aus dem Mineralreiche spendete Amerika uns seit
300 Jahren ungeheure Massen Gold und Silber, Diamanten und andere
Edelsteine (Brastlien allein von 1740 —1810 nicht weniger als 2100 Pfund
Diamanten) und steigerte dadurch den Luxus mit allen seinen Uebeln. Ueber—
haupt bietet das Mineralreich in Amerika so viele Schätze, wie in keinem
Erdtheile. Wie viele Edelsteine bringen außer Brasilien, auch Neugranada,
Chili und Peru hervor? Wo enthalten die Gebirge größere Massen Goldes,
als jene von Mexiko und Kalifornien, von Bolivia uünd Peru? Wo sind so
reichhaltige Silberminen aufzufinden, als in Mexiko und Potosi? Und wie
verschiedenartig sind nicht die Erzeugnisse dieses Welttheils wegen seiner ver—
schiedenen Klimas! Das Rennthiermoos und die Wachspalme und der säulen—
förmige Cactus in den Urwäldern, die peruanischen kleinen Schmetterlinge
*) Die ersten Pferde wurden von Europa aus im 16. und besonders im 17.
Jahrhundert und noch später in die vereinigten Staaten gebracht, und jetzt sollen
dort schon 5 Millionen vorhanden sein, dreimal so viel, als in Großbritanien, und
selbst Frankreich zählt deren nur 3 Millionen.
vr) Die Kartoffeln sind aus Amerika nach Europa verpflanzt, und wachsen bei
uns schmackhafter, als in ihrer wahren Heimath, so daß Europäer, die sich in Ame—
rika niedergelassen haben, sich gern alle Jahre Kartoffeln aus Europa beziehen.