es für angemessen hielten, nicht mehr bloß Vergeltung zu üben, sondern offenen
Krieg gegen jene Feinde zu führen.
Es wurde also Krieg gegen sie begonnen, der dann von beiden Seiten
mit Erbitterung, jedoch mit größeren Verlusten für die Sachsen als für die
Franken, 33 Jahre ununterbrochen dauerte. Freilich hätte er schneller beendigt
werden können, wenn das bei der Treulosigkeit der Sachsen möglich gewesen wäre.
Es läßt sich kaum sagen, wie oft sie besiegt sind und sich der Gnade des Königs
unterworfen haben; wie oft sie Gehorsam versprochen, die von ihnen geforderten
Geiseln ohne Zögern gestellt, an sie abgeschickten Gesandten Gehör gewährt
haben; mehrmals waren sie so zahm und mürbe gemacht, daß sie sogar ver¬
sprachen, sie wollten vom Götzendienst lassen nrtd den christlichen Glauben an¬
nehmen. Aber wie sie mehrmals dazu bereit waren, so waren sie stets auch
ebenso schnell geneigt das Versprochene nicht zu halten. Man kann daher
schlecht beurteilen, ob man zum einen oder zum anderen eine größere Geneigt¬
heit füglich ihnen zuschreiben soll: denn es verging, seit der Kampf mit ihnen
begonnen hatte, kaum ein Jahr, in dem nicht ein solcher Umschlag bei ihnen
zu verzeichnen gewesen wäre.
Aber der hohe Mut des Königs und seine nie gebrochene Festigkeit im
Glück wie im Unglück ließ sich durch keinerlei sächsische Wortbrüchigkeit besiegen
oder von dem einmal betretenen Wege abbringen. Denn wenn sie derartiges
sich zu Schulden kommen ließen, ließ er es ihnen niemals ungestraft hingehen,
ohne entweder in eigener Person und unter eigener Führung oder durch seine
Grafen mit Heeresmacht ihre Treulosigkeit zu rächen und sie gebührend zu
züchtigen. Nachdem dann aller dauernder Widerstand niedergeworfen und feine
Herrschaft anerkannt war, hatte er zuletzt von den beiden Ufern der Elbe
10 000 Menschen mit Weib und Kind wegführen lassen und hierhin und dorthin
über Gallien und Germanien in kleinen Gruppen verteilt. Jedenfalls ist die
vom König vorgeschriebene und von ihnen angenommene Bedingung, unter
welcher der Krieg nach so langen Jahren sein Ende fand, die gewesen: daß sie
den Götzendienst abthäten und den Glauben der Väter verließen, die heiligen
Gebräuche des christlichen Glaubens und der christlichen Religion annähmen
und im engen Anschluß an die Franken mit denselben ein Volk bildeten.
Der Krieg gegen die Sachsen ist für die deutsche Geschichte der wichtigste
von allen Kriegen Karls des Großen; denn erst durch die Einfügung Sachsens
in das fränkische Reich ist die Verbindung mit den übrigen deutschen Stämmen
hergestellt und der Grund zur Entstehung einer deutschen Nation gelegt worden.
Ohne Karl würden die Sachsen sich dem stammverwandten Dänemark ange¬
schlossen, den festländischen Germanen sich entfremdet haben.
Übersichtlich lassen sich die Sachsenkriege also darstellen:
a) Streifzüge Karls und Aufstände der Sachsen ohne dauernde Er¬
folge. (772-777.)
b) Einigung ber Sachsen unter Wittekind. Einführung fränkischer Sitten
nnd bes Christentums in Sachsen unb Auflehnung bagegen. Blutbab bei Verben.
Unterwerfung und Taufe Wittekinds. (778—785.)
e) Aufstände einzelner Stämme. Verpflanzung sächsischer Kolonisten in
das Frankenland und umgekehrt.
Über die Bekehrung Wittekinds erzählt die Sage: Als Wittekind am