Full text: Das Königreich Hannover

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ckende Schwüle, die am Rheine und in der Wesergegend in 
heftige Gewitter ausbrach. Gegen vier Uhr nachmittags lie¬ 
ßen sich im Südwesten starke Gewitterwolken blicken. Der 
€ Barometer stand auf 28 Grad Re'aumure. Bald nach fünf 
Uhr thürmten sich die Gewitterwolken furchtbar von allen Sei¬ 
ten und es donnerte zuerst im Südwesten. Dann folgten 
aus allen Weltgegenden Gewitter auf Gewitter, bis man de¬ 
ren fünf zählte, aus denen ein unterbrochenes Blitzen und 
Donnern hervorbrach. Nahe gegen sechs Uhr erreichten diese 
Gewitter ihre höchste, furchtbarste Stärke. In diesem Augen¬ 
blicke hatte der Sturm, der sich schon eine Zeit lang erhoben, 
alle Gewitter in einem Haufen über dem Deister zusammen 
getrieben. Am Abhange des Gebirges, oberhalb Barsinghau¬ 
sen, bildete sich eine Windsbraut, über derselben, nördlich von 
Hohenbostel eine zweite, und beide stürzten mit zerstörender 
Gewalt auf das Dorf Eckerde zu. Man sah das bis auf 
die Erde reichende graudunkle Gewölk gleich einem unerme߬ 
lichen Kegel sich nach dem Dorfe hinwirbeln; doch bevor es 
das Dorf erreichte, theilte es sich sichtbar unter fortwährenden 
Blitzen in mehrere Säulen, welche unter entsetzlichem Brausen 
das Dorf ereilten, wo die beiden gegen einander gerichteten 
Luftströme, deren Trennung selbst im Dorfe bemerkbar war, 
in einem Punkte zusammen stießen. In einem Augenblicke 
hüllte das tobende Element den unglücklichen Ort in einen 
undurchdringlichen Dampf und riß in wirbelndem Zuge alles 
mit fort, was ihm Widerstand leistete. Häuser, Bäume, Ge¬ 
treide — alles verschwand in einem Augenblicke unter der vernich¬ 
tenden Gewalt der Windsbraut; massive, ganz neue Gebäude 
wurden wie von einem Erdbeben gerüttelt und bekamen Risse; 
dabei siel Hagel dick wie Hühnereier. Doch nur wenige Minuten 
hielt die furchtbare Erscheinung an und schon um 6 Uhr war 
alles so still als wenn die Natur ausgestorben wäre. 
Fünf Scheuern mit dem darin befindlichen Getreide wur¬ 
den umgestürzt, J5 Gebäude stark beschädigt, nur acht blieben 
ganz verschont. 3000 Obstbäume wurden abgebrochen und 
aus der Erde gerissen und in der benachbarten Holzmark meh¬ 
rere hundert Fuder Holz umgebrochen. Die Gewalt des Win¬ 
des war so groß, daß Sparren und Balken mehrere hundert 
Schritte weit fortgeschleudert und kleinere Stücke davon in 
einer Entfernung von zwanzig Minuten gleich Pallisaden in 
die Erde gepflanzt wurden. Eisenblech, welches das Hausdach
	        
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