Full text: Neueste vollständige Erdbeschreibung für Bürgerschulen, Seminarien und zum Selbstunterricht

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Europa. 
stellen. So trefflich auch diese Verfassung für den Anfang 
sein mochte, so veraltete sie doch nach und nach, und viele 
deutsche Fürsten rissen sich, namentlich im dreißigjährigen 
Kriege, von betn Reichsverbande faktisch los, oder kamen 
ihren Verbindlichkeiten so lässig nach, daß die deutsche Reichs¬ 
armee zum Gespötte wurde. In den Kriegen gegen Na¬ 
poleon verstand es dieser Gewalthaber, einen Theil der deut¬ 
schen Fürsten vom Reiche abzuziehen und sie von sich ab¬ 
hängig zu machen, indem er die Länder derselben, unter 
dem einschmeichelnden Namen des Rheinbundes, in den 
Schutz Frankreichs stellte, in Wirklichkeit aber die betroge¬ 
nen Völker unterjochte und sie seinen ehrsüchtigen Erobe¬ 
rungsplanen aufopferte. Da legte auch der letzte deutsche 
Kaiser, Franz II., aus dem Hause Oestreich stammend, 
seine Würde nieder (>806, 6 Aug.) und nannte sich Franz 
I., Ka iser von Oestreich. Im Verlaufe der Kriege 
sahen sich nun die meisten deutschen Fürsten genöthigt, dem 
verhaßten Rheinbunds beizutreten. Manche wurden aus 
ibren Erbländern vertrieben, andere eingesetzt; die Länder 
einiger wurden bedeutend vergrößert, aus Herzögen rc. wa¬ 
ren Könige k. geworden; mit einem Worte, die ganze Ge¬ 
stalt des heiligen röm. Reichs war verschwunden. Dem 
Scheine nach bestand allerdings eine Bundesverfassung, de¬ 
ren Angelegenheiten der Fürst Primas leitete, in Wahr¬ 
heit aber galt nur der eiserne Wille des übermüthigen Pro¬ 
tektors. 
Als der Riesenbau Napoleons im Jahre 1813 zusam¬ 
menstürzte, zerfiel der Rheinbund von selbst und ein neuer 
deutscher Bund, ein neues Reich deutscher ^Na¬ 
tion, wurde gestiftet und durch die Bundesakte (1815, 
d. 8. Junius) geregelt. Die Grundzüge derselben sind fol¬ 
gende: Alle souverainen Fürsten Deutschlands, mit Ein¬ 
schluß des Kaisers von Oestreich, der Könige von Preußen, 
von Dänemark und der Niederlande (weil sie Besitzungen 
im deutschen Lande haben), ingleichen die freien Städte, 
haben sich zu einem beständigen, deutschen, Bunde ver¬ 
einigt. Der Zweck desselben ist die Sicherung Deutschlands 
gegen äußere und innere Feinde. Daraus folgt die Er¬ 
haltung der Selbständigkeit und Integrität der einzelnen 
Bundesglieder und Feststellung oes Rechtszustandes zwischen 
Herrschern und Beherrschten. Deßhalb soll in allen Staaten,
	        
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