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III. Länder- und Völkerkunde. A. Europa.
gustnö gab ihr später den Namen Augusta Tanrinorum. Unter den
Lombarden war sic Residenz ihrer Herzoge; auch die Karolinger hatten
hier Grafen, die ihre Würde bald erblich machten. Vom 14. Jahr¬
hundert an war sie die Residenz der savoyischen Fürsten und der Schau¬
platz Dieser kriegerischen Begebenheiten; bei der Stadt wurden in den
Jahren 312, 1640 und am 7. Febr. 1706 Schlachten geliefert. Ihre
Einwohnerzahl beträgt über 170,000. Seit einigen Jahren ist Turin
durch die Bemühungen der Regierung und vieler ihr nacheifernden
Privatpersonen so verschönert worden, daß die Stadt bald mit den
schönsten Hauptstädten Enropa's wird wetteifern können.
Unter den Merkwürdigkeiten verdient das ägyptische Museum ciucn
der ersten Plätze. Diese höchst merkwürdige Sammlung ägyptischer Al¬
terthümer, von dem französischen Geucral-Consul in Alexandrien, Hrn.
Drovctti, erkauft, enthält viele größere und kleinere Bildsäulen, zum
Theil von vortrefflicher Arbeit, in ägyptischem Styl, viele Stelen (eine
Art Grabdenkmäler nach Art unserer Leichensteine), über dreißig, gro-
ßentheils noch nneröffnete Mumien, viele Münzen, kleine Götzen, Sca-
rabäen (kleine Münzen in Käfergestalt), Ringe, Waffen, Geräthschaften,
z. B. den vollständigen Apparat eines Malers und einen Spiegel aus
Glas, an 300 Paphrnsrolleu mit demotischen, hieratischen, hieroglyphi-
schcn Schriften und allegorischen Zeichnungen. Viele Alterthümer konn¬
ten wegen Mangels an Platz (da der andere, für das Museum bestimmte
Flügel des ehemaligen Jesniten-Collegiums noch nicht vollendet ist) noch
nicht aufgestellt werden, und liegen in Kisten und Kasten oder in ver¬
schlossenen Schränken. Man sieht hier Bildsäulen, Papyrusrollen re.
aus den Zeiten vor und kurz nach Moses bis auf die Herrschaft der
Perser hinab, während die ältesten uns bisher bekannten Handschriften
nicht über die christliche Zeitrechnung hinaufreichen. Weniger zahlreich
sind die Alterthümer aus den Zeiten der Ptolemäer und Römer im
Museum im Vergleich mit den frühern.
In den reizenden Umgebungen der Stadt ist das vier Miglieu von
Turin entfernte Kloster Superga, ans super lei-ga montis ent¬
standen, auf einem 222 Toisen hohen Berge, am Po. Hier entwarf
der Herzog Victor Amadeus von Savoyen 1706 mit dein kaiserlichen
Feldherrn Prinzen Eugen zur Vertreibung der Franzosen aus Turin den
schön gelungenen Plan, und gelobte auf den Fall eines glücklichen Aus¬
ganges eine milde Stiftung der Jungfrau Maria zu Ehren. Er führte
nachher das Kloster durch den Baumeister Jvara 1715—31 mit vieler
Verschwendung von Marmor, Bronze und Vergoldung aus, und be¬
stimmte die unterirdische Kirchenkapelle zur Grabstätte der snrdinischcn
Könige.