103. Salzburg.
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Stadt nordwestlich wendet, also an der Schwelle des Gebirges. Die
Lage in einer schönen Ebene, die von drei Seiten von hohen Gebirgen
eingefaßt ist, an einem smaragdgrünen Strome, würde an sich schon
sehr reizend sein, aber cs kommen Verhältnisse hinzu, welche die Schön¬
heit auf einen sehr hohen Grad steigern. Am linken Ufer der Salza,
hart an dem Stadttheil, erhebt sich frei ans der Thal-Ebene der
Mönchsberg. Auf ihm steht das romantische, stolzgethürmtc, weit-
läuftige, noch jetzt feste Schloß Hohensalzburg, jetzt zum Theil als
Caserne und als Gefängniß benutzt. Der Berg stürzt senkrecht mit
nackten Felsen nordöstlich, unmittelbar gegen die Häuser der (Ltadt ab,
so daß man auf Treppen in die Höhe steigen muß. Fast eben so steil
stürzt er gegen Südwest feldwärts in die Ebene herab. Gegenüber,
hart am rechten Ufer der Salza, erhebt sich ein anderer isolirter Berg,
in mehr runder Form, der Capuz inerb erg, wohl noch 200' höher
als selbst der Schloßberg. Er ist ganz mit Buchen- und Eichengehölz
überdeckt, so daß man von seinem Gipfel keine freie Umsicht hat. Nur
auf seinem südöstlichen Theil, beim sogenannten Capuzinerschloß, hat
man einen freien Blick thalaufwärts, aber nicht auf die Stadt, welche
verdeckt bleibt.
Zwischen dem Mönchs- und Capuzinerberge strömt die Salza hin¬
durch. Der linke Stadttheil ist eng zwischen dem Mönchsberge und
der Salza; ein Theil des am rechten Ufer zwischen der Salza und dem
Kapuzinerberge eingepreßt; der nördliche dehnt sich dann noch in der
nördlichen Ebene aus. Beide Stadttheile sind durch eine 370' lange
hölzerne Brücke verbunden. Die Stadt hat nicht weniger als 26 Kir¬
chen und 8 (meist aufgehobene) Klöster. Ein Wald von Thürmen hebt
sich also daraus hervor, aber keine Kirche, selbst nicht der Dom des
heiligen Ruprecht, imponirt durch seine Masse. Sie sind alle nicht im
gothischen, sondern in italienischem Geschmacke erbaut; so auch das Schloß
Mirabell im nördlichen Stadttheil. Ueberhaupt gewahrt man mit
Ueberraschung eine italienische Stadt, mit aller Pracht südlicher Bauart,
am Nordfuß der Alpen in der Nachbarschaft des ewigen Schnees.
Man wird aus diesen Angaben entnehmen, daß schon die unmittel¬
bare Lage der Stadt sehr schön, romantisch-wunderbar und merkwürdig
sein muß; sie ist es aber, wo möglich, noch mehr durch ihre weiteren
Umgebungen. Wir ersteigen, um diese zu betrachten, den Mönchsberg
und wenden das Auge gegen das Gebirge. Wir stehen hier etwa 1500
Fuß über der Meeresflüche. Gegen Westen über die grüne Ebene hin
IV2 Meile entfernt, erhebt sich der zackige Fclsenrücken des Staufen.
Gegen Südsüdost erhebt sich, nur 1 Meile entfernt, die steil emporstar¬
rende würflige Masse des durch vielfache Sage berühmten Untersberges,
welcher mit seinen 5700' absoluter Höhe sich so grade aus der Ebene
emporreißt, daß man auch nicht die kleinste Höhe sieht, die sich ihm als
Vorberg anlegt. ^ Zu diesem jähen Aufsteigen kommt die Nacktheit seiner
Wände, denn seine bräunlichen Abhänge scheinen nur mit schwacher
Moosbedeckung bekleidet. Etwas weiter gegen Süden, thalaufwärts 3Vr