Full text: Geschichte der neueren und neuesten Zeit (Theil 3)

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ihren kranken Sohn Jakob, den nachmaligen König von Schott¬ 
land, zu besuchen. Sie war eben auf dem Rückwege, als Both- 
well mit tausend Reitern erschien, sie gefangen wegführte und so 
lange mit Versprechungen und Drohungen in sie drang, bis sie 
einwilligte, seine Gemahlin zu werden. 
Diese höchst unbesonnene Vermahlung mit'dem Mörder ih¬ 
res Gemahles erhöhete den Verdacht und reizte die Schotten 
zum Zorne. Nur durch die Flucht konnte sich Bothwell der 
Wuth des Volkes entziehen; sie selbst aber wurde gefangen und 
nach der Hauptstadt geführt. Bei ihrer Ankunft strömte ihr der 
auf's höchste gereizte Pöbel entgegen, überhauste sie mit Vor¬ 
würfen und Verwünschungen und ließ vor ihren Augen ein Ban¬ 
ner wehen, auf welchen, man den Leichnam ihres vorigen Gemahles 
und ihren Sohn, den Prinzen, kniend erblickte, mit der Umschrift: 
„Rache mich, o Herr!" Dann ward sie in ein Gefangniß gesperrt 
und gezwungen, zu Gunsten ihres Sohnes Jakob der Krone zu 
entsagen und die Regierung wahrend der Minderjährigkeit des 
Prinzen dem Grafen Murrey (sp. Morra) zu übertragen. 
Das Schicksal der jungen Königin, über die beschlossen war, 
daß sie ihr Gefangniß lebend nicht verlassen sollte, erregte bei vie¬ 
len Theilnahme. Mehre Edelleute vereinigten sich zu ihrer Be¬ 
freiung. Sie verschafften sich heimlich die Schlüssel des Gefäng¬ 
nisses und führten sie hinaus. Auf die Kunde hievon drängten 
sich viele ihrer alten Freunde um sie und erboten sich zu ihrem 
Dienste. Allein ihr in Eile zusammengerafftes kleines Heer wurde 
geschlagen, sie selbst entfloh nach England, um bei ihrer königlichen 
Verwandte, Elisabeth, Schutz zu suchen. Aber eben diese Ver¬ 
wandschaft war ihr Verderben. Elisabeth triumphirte, als sie das 
seit Jahren gehetzte Wild nun freiwillig in's Garn gehen sah; 
sie ließ sie ergreifen und in's Gefangniß werfen. 
Aber auch in England fand die unglückliche Königin Freunde, 
besonders an ihren Glaubensgenossen, den Katholiken. Der Her¬ 
zog von Norfolk (sp. Norfock) machte den Plan, sie zu befreien, 
dann sie zu heirathen und ihre Wiedereinsetzung in Schottland 
mit Gewalt zu bewerkstelligen. Allein er büßte^seinen Plan mit
	        
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