Philipp von Schwaben.
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Reiche vereinen, die Erblichkeit aller Lehen einsübren und anerkennen,
und allen bisherigen Anrechten auf den Nachlaß der Bischöfe entsagen.
Schon hatten zwei und fünfzig Fürsten ihre schriftliche Zustimmung ge¬
geben. als der Widerspruch des Papstes, der rheinischen Erzbischöfe und
der sächsischen Fürsten den Entwurf vereitelten. Mißvergnügt über das
Mißlingen seines Planes, zog der Kaiser wieder nach Sicilien, nachdem
er zuvor (1196) seinem noch unmündigen Sohne Friedrich die Nachfolge
im Reiche gesichert hatte.
6. Wahrend der Kaiser in Sicilien wieder mit großer Strenge
waltete und so aller Gemüther sich immer mehr entfremdete, war er
fortwährend mit großen Plänen zur Erhöhung des Kaiserthums beschäf¬
tigt. Er ging nämlich mit dem Gedanken um, das griechische Reich zu
erobern und so den Abendländern zur Eroberung der Küstenländer des
westlichen Asiens den Weg zu bahnen. Aber mitten in seinen großarti¬
gen Entwürfen raffte ihn in der Blüthe der Manneskraft, zur allge¬
meinen Freude der Italiener, plötzlich der Tod dahin. Er starb zu
Messina am 28. Sept. 1197 in Folge eines kalten Trunkes nach über¬
mäßiger Erhitzung auf der Jagd, im 32. Jahre seines Lebens und hin¬
terließ nur einen einzigen Sohn, Friedrich, der damals erst drei Jahre
alt war, als Erben seiner weiten Reiche. Unter Heinrich VI. hatte die
Macht des Reiches den Höhepnnct erreicht. Nach seinem Tode begann
der unaufhaltsame Verfall, begann der Schwerpunct des staatlichen Le¬
bens vom Könige zu den Fürsten, vom Ganzen zmn Einzelnen sich zu
neigen. Die langen Thronkricge, welche seitdem begannen, hatten eine
fürchterliche Verheerung blühender Landstriche, eine allgemeine Zerrüt¬
tung des Wohlstandes, eine grenzenlose Verwilderung der Sitten zur
Folge. Die Zeiten der Macht und Größe des deutschen Reiches hatten
mit Heinrich VI. ihr Ende erreicht.
§. 77. 4. Philipp von Schwaben, 1197—1208; und Otto IV., 1197—1215.
1. Nach Heinrichs VI. frühem Hinscheiden trat der Zwiespalt
zwischen der welsischen und hohenstaufischen Partei, der einige Zeit ge¬
schlummert hatte, mit erneuerter Heftigkeit auf's neue hervor und er¬
füllte Deutschland zehn Jahre hindurch mit Raub und Mord und Fre-
velthaten jeglicher Art. Während nämlich die Hohenstaufen den Herzog
Philipp von Schwaben, Heinrich's VI. Bruder, zu seinem Nachfol¬
ger wählten, hob die welfische Partei, an deren Spitze der Erzbischof
Adolf von Eöln stand, den zweiten Sohn Heinrich's des Löwen und
Neffen des Königs Richard von England, den tapfer» Otto, auf den
deutschen Thron. Beide Könige suchten möglichst viele und mächtige An¬
hänger zu gewinnen und vor allen den Papst Jnnocenz III.
2. Jnnocenz III. gehört zu den größten Männern, die je auf den
Stuhl Petri erhoben sind. Er war erst 37 Jahre alt, als er gewählt
wurde, hatte sich aber schon durch ausgezeichnete Gelehrsamkeit und
Frömmigkeit die höchste Achtung seiner Zeitgenossen erworben. Allein
noch größere Bewunderung erweckten bald seine außerordentliche Cha¬
rakterfestigkeit, seine ruhige Besonnenheit und berechnende Gewandtheit
zue Führung der Geschäfte. Alle diese ausgezeichneten Gaben verwandte
er mit der angestrengtesten Thätigkeit auf die Lenkung der Kirche und
die Erhöhung des päpstlichen Einflusses auf die Negierung der Staa¬
ten. Noch klarer, noch umfassender, als sein großer Vorgänger Gregor VII.,