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4. Zentrifugal- und Zentripetalkraft. Auf den Körper, der die Bahn AD GR
in Fig. 100 durchläuft, wirkt stetig eine Kraft ein, die ihn nach 0 zu ziehen sucht.
Wie kommt es, daß er nicht nach 0 geht? Die Stoßkraft erteilt dem Körper die Be¬
wegungsrichtung AC. Ein Körper, der in Bewegung ist, verharrt nicht nur in seiner
Geschwindigkeit, sondern auch in der Richtung seiner Bewegung (S. 42). Dieses
Beharren in der Bewegungsrichtung wirkt der Kraft entgegen, die den Körper nach
0 ziehen will. Kommt derselbe näher an 0 heran, so daß er stärker angezogen wird,
so wächst die Abweichung von der früheren Richtung und damit auch die nach außen
wirkende Kraft. Diese heißt Zentrifugal- oder Fliehkraft. Im Gegensatz zu ihr wird
die nach 0 ziehende Kraft Zentripetalkraft genannt. Zur Entstehung der Zentral¬
bewegung sind nur die Zentripetal- und die Stoßkraft erforderlich; die Zentrifugal¬
kraft kommt erst bei der Bewegung zum Vorschein. Wird eine Kugel auf einer
Töpferscheibe in Rotation versetzt (S. 33), so beschreiben alle Teile derselben, soweit
sie nicht auf der Achse der Tonkugel liegen, Kreise. Bei dieser Zentralbewegung
fehlt aber die Zentripetalkraft, und so kommt es, daß die Zentrifugalkraft die Teile
der Kugel nach außen treiben kann. Ganz in derselben Weise wirkt die Zentrifugal¬
kraft bei einer Zentrifuge, bei den Erdteilchen, die auf einem schnell rotierenden
Wagenrade sitzen, usw. Eine Zentralbewegung, welche bei dem rotierenden Ton¬
klumpen vorkommt, wird auch wohl als gebundene Zentralbewegung der freien gegen¬
übergestellt, welche aus dem Zusammenwirken einer momentanen und einer nach
einem Punkt gerichteten konstanten Kraft hervorgeht.
5. Die Größe der Zentripetal- und Zentrifugalkraft für eine kreisförmige
Zentralbewegung. In Fig. 102 gibt ad die Wirkung der Stoß- und ac die der kon¬
stant nach C wirkenden Zentripetalkraft an. Der Bogen
ab ist die Bahn des Körpers in einer gewissen Zeit¬
einheit. Wird diese recht klein angenommen, so kann
der Bogen der Sehne ab gleichgesetzt werden. In dem
rechtwinkligen Dreieck abe ist bc das Euklidsche Lot,
und das Quadrat der Kathete ab ist dem Rechteck
gleich, das aus der Hypotenuse a e und dem der Ka¬
thete ab anliegenden Abschnitt ac der Hypotenuse ge¬
bildet ist, also ac • ae — (ab)2. Setzen wir nun der
Kürze wegen ac = w, a e = 2 r und ab = v, so er-
o v 2
gibt sich w • 2 r = v , w = — . w ist der Weg, den
der Körper unter der Einwirkung einer konstanten
Kraft zurücklegen würde. Die Fallbewegung, welche
auch durch eine konstante Kraft veranlaßt wird, ergibt als Weg der 1. Sekunde rund
5 m, die als Maß der Anziehungskraft anzusehende Beschleunigung aber beträgt
rund 10 m, sie ist also doppelt so groß als der Weg der ersten Sekunde. Da der
Weg w = — ist, so muß die konstante Kraft = 2«ü=2^- = - sein. Wird nun
*r 2 r r
v 2
die Zentripetalkraft, 2 wi kurz mit p bezeichnet, so haben wir v = —. Da aber die
x r
Zentrifugalkraft, gleich der Zentripetalkraft ist, wie oben gezeigt ist, so ist
v 2
auch f = —. Wenn der Kreisumfang — 2r ti in t Sekunden durchlaufen wird, so ist
v, die Geschwindigkeit, = v2 = 4rTl™\ — = (S. 37.)
t t¿ ' r t2 K '
Fig. 102.