136. Die Ruthen eil. 
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der Luft ausgesetzt, und nur durch ihr Fußgestelle mit den übrigen 
Salzmassen verbunden, mußte sich an ihnen die Feuchtigkeit zuerst be¬ 
merkbar machen, weil sie dieselbe nicht den Salzflötzen mittheilen konnten. 
Alljährlich wird am heiligen Antonstage in der Capelle Gottesdienst gehal¬ 
ten, und durch die Ausdünstung der dann zahlreich versammelten Menge 
die Feuchtigkeit der Luft vermehrt. Früher wurden täglich in der Capelle 
Gottesdienst oder Gebete für die in die Gruben fahrenden Beamten und Berg¬ 
leute gehalten; allein seit der Regierung Ioseph's II. ist dies abgeschafft. 
4. Die Corporis-Christi-Capelle, nahe dem Tageschachte 
Seraph, ist noch kleiner wie jene, gleichfalls in Salz gehauen, und der 
Altar und die Nischen derselben sind gleichfalls mit einem Crucifixe, 
Bildsäulen von Heiligen und dergleichen geschmückt. Auch sie wurde 
früher zum regelmäßigen Gottesdienste benutzt, jetzt soll jedoch nur all¬ 
jährlich einmal in ihr Messe gelesen werden. 
Durch die Salzgruben von Wieliczka werden 500 bis 800 Arbei¬ 
ter beschäftigt, welche entweder auf Gedinge, das alle 14 Tage abge¬ 
nommen wird, oder aus Tagelohn bei den nicht nach dem Kubikinhalte 
zu berechnenden Verrichtungen arbeiten. Wie in allen andern Berg¬ 
werken, so halten auch die Bergleute von Wieliczka nur ihre Schicht zu 
8 Stunden und lösen sich gegenseitig ab. Sie versammeln sich nach 
verrichteter Arbeit in den Tageschachten, die stets verschlossen sind, um 
auszuführen, und werden erst, wenn sie gehörig visitirt worden, ob auch 
nicht Jemand Salz mit sich führe, entlassen. Hiedurch widerlegt sich 
von selbst die Fabel, daß es in den Gruben von Wieliczka Leute gebe, 
die in ihnen wohnten, sie jahrelang nicht verließen, oder gar in ihnen 
geboren wären und noch nie das Tageslicht gesehen hätten. 
136. Die Nuthenen. 
(Nach I. G. Kohl, Reisen im Innern von Rußland und Polen.) 
Das Königreich Galizien mit seinen Anhängseln (Lodomirien und 
der Bukowina) zerfällt in vier Hauptflußgebiete, in das obere Flußge¬ 
biet des Pruth, in das des Dniestr, in das des Bug und in das der 
Weichsel. Eben so wie die Flußgebiete des Landes theilt sich ungefähr 
seine Bevölkerung ab, welche hier, wie fast überall, den Flüssen folgte. 
Das Pruthgebiet nahmen von seinem ersten Anfange bis beinahe ganz zu 
seinem äußersten Ende die Walachen oder Moldauer in Besitz; in dem 
Dniestrgebiete, an allen seinen Nebenflüssen hinrankend, haben sich die 
Ruthenen ausgebreitet, und im Weichsel- und Buggebiete die Polen 
oder Masuren niedergelassen. 
Die Ruthenen bewohnen den Theil von Galizien, der dem ganzen 
Lande den Namen gab, das alte, berühmte russische Großfürsteuthum 
Halitsch, das einige Zeit mit dem Kiew'schen Großfürstenthume verbun¬ 
den war, dann als unabhängiges Königreich blühte und mächtig war 
und im 14. Jahrhundert von den Polen erobert wurde. Sie werden 
auch Rusnaken oder Rusniaken genannt, und zwar nicht fälschlich, wie
	        
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