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III. Länder- und Völkerkunde. 6. Afrika. 
ragen, Ueberreste non Menschen, Pferden und Kamcclen in der Stellung, 
wie der Tod sie überraschte. Einige sitzen ans den Gerippen der nie¬ 
dergestürzten Pferde, den Turban noch auf dem nackten Schädel; Andere 
halten verdorrte Wasserschläuchc in den Knochenhünden; hier scheint 
Einer nach dem Schwert, dort ein Anderer nach dem Boden gegriffen 
zu haben, um ihn nach Kühlung aufzuwühlen; Manche halten auch die 
Arme über die Brust gekreuzt, das Gesicht nach Mekka gewendet; sie 
waren betend gestorben. 
Eine andere, aber minder große Gefahr, welche die Wüste bietet, 
sind die Gluthwinde, Chamsin, Samum und Harmattan genannt. Diese 
Winde erhalten durch die beißen, ausgedehnten Saudstreckcn, über welche 
sie hinwehen, ihre Gluth. Durch den aufgewirbelten Staub erscheint 
die Sonne in matterem Lichte; die Thiere werden unruhig, den Men¬ 
schen wird der Gaumen trocken und die Ausdünstung gehemmt, was 
ein sehr unbehagliches Gefühl hervorbringt. Die Araber pflegen sich 
dann das Gesicht zu bedecken und neben ihren Kamcelen niederzuknieen, 
damit ihnen kein Staub in die Augen komme und der allzeit mehrere 
Fuß über der Erde hinstreifende heiße Lnftstrom über sie weggehe. Auch 
die Kameele, denen wegen ihrer weit vorliegenden Augen der feine Sand 
besonders beschwerlich wird, bücken die Köpfe nieder. Das Schlimmste, 
was der Gluthwind anrichtet, ist das Austrocknen der Wasserschläuche, 
deren Inhalt freilich oft bedeutend durch den heißen Luftzug vermin¬ 
dert wird, wenn sie nicht gar bersten und das kostbare Getränk in den 
Sand rinnt. 
Noch eine Merkwürdigkeit der Sahara ist die Kimmung, das 
Trugbild, welches die Italiener Fata Morgana nennen. Es erscheint 
nämlich dem Wüstenwandercr zuweilen mitten in der Einöde am Hori¬ 
zont, etwa auf eine Stunde Wegs Entfernung, eine grüne Gegend, ans 
der Palmen die Häupter heben, sich behaglich im Winde schaukelnd, oder 
ein schattiges Thal, ein kleiner Sec, Karawanen mit Reitern, bepackten 
Kameelen u. dergl. Das Bild, welches Anfangs trübe erschien, wird 
immer deutlicher und zuletzt so klar, daß man es mit einem schnellen 
Rosse in drei Minuten glaubt erreichen zu können. Welch ein Trost 
für die Durstenden, Müden, Halbverschmachteten! Da fängt das Bild 
wieder an zu erblassen oder hebt sich hoch in die Luft und erscheint zu¬ 
weilen auch verkehrt, so daß Alles auf dem Kopfe steht; endlich ver¬ 
schwindet es, und die heiße, endlose Wüste dehnt sich wieder unabsehbar 
vor den Blicken der Wanderer aus. Diese Täuschung schreibt man 
einer Fee mit Namen Morgana zu; es ist aber die Abspiegelung irgend 
einer weit entlegenen Scene aus der Wirklichkeit. Als Spiegel dient 
vielleicht eine dünne, durchsichtige Luftschicht, hinter welcher sich eine 
dichtere, kältere gelagert hat, wie im Kleinen jedes Glas und jeder 
klare Bach, hinter welchem eine dichte, undurchsichtige Fläche sich befindet, 
zum Spiegel wird. 
Die Sahara ist wahrscheinlich einmal ein Meer gewesen, darauf 
deuten das Salz und die Salzseen, die glatten, abgerundeten Felsen
	        
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