Full text: Allgemeiner Theil (1)

Die wagerechte und senkrechte Gliederung des festen Landes. 111 
höhe des einen Gebirges gleich ist der Kammhöhe eines andern. So ist der 
Kamm des Himulaya gleich dem Mont-Blanc der europäischen Alpen; der 
Kamm der Cordillere von Quito sehr nahe gleich der größten Gipfelerhebung 
der Pyrenäen; die höchste Spitze der Karpathen ist so hoch als der Kamm 
des Kaukasus; die Erhebungen des Riesengebirges, des Schweizer Jura und 
der Auvergne sind nahe gleich der Kammhöhe der Karpathen, und der höchste 
Berg des Erzgebirges steht mit der Plateauxhöhe der Auvergne fast im glei¬ 
chen Niveau. 
§. 92. 
Das Streichen der Gebirgsketten. 
1. Im Streichen oder in der Richtung (Direktion) der Gebirgs¬ 
ketten unterscheidet man 2 Hauptrichtungen: die mit den Parallelkreisen und 
die mit den Meridianen mehr oder minder gleichlaufende Richtung; odereine 
west-östliche und eine nord-südliche Direktion. 
2. Die von Osten nach Westen laufenden Hauptgebirgsketten finden sich 
in Asien, mit Ausnahme des Ural, der Gebirge von Kamtschatka, Korea, 
Hinterindien, Vorderindien und Arabien; ferner in Europa, mit Aus¬ 
nahme der Gebirge von Italien, Skandinavien und Großbritannien. Die 
Gebirge dieser Halbinseln und Inseln laufen nämlich in der Richtung von 
S. nach N. Endlich folgt der Richtung von W. nach O. auch das G e- 
birgssystem Nordafrika's, der Atlas nebst dem Plateau von Barka. 
3. Die von Süden nach Norden streichenden Hauptgebirgsketten sind in 
Afrika, mit Ausnahme des Atlas und des Plateaus von Barka; in Ame¬ 
rika mit Ausnahme des Gebirgs von Parime, der Küstenkette von Vene¬ 
zuela und des Schneegebirges von Santa Marta; endlich auch in Australien. 
4. Die Meridianrichtung ist die vorherrschende, denn sie übertrifft dem 
Raume nach die von O. nach W. um ein Drittheil von deren Ausdehnung. 
Beide Hauptrichtungen walten in bestimmten, entgegengesetzt liegenden Ge¬ 
genden vor: die Parallelrichtung im O. und N., die Meridianrichtung im 
W. und S. der Erde. 
§. 93. 
Die Fängen- und Dreitenausdehnung der Gebirgsketten. 
1. Gebirgssysteme nennt man eine Reihe von Gebirgen, die in 
einem gewissen Zusammenhang stehen und daher zur leichteren Uebersicht als 
ein Ganzes, als ein Gemeinsames zusammengefaßt werden. 
2. Man kann die Gebirgssysteme nach ihrer Länge in 4 Klassen ein¬ 
theilen, nämlich 1. in Gebirgssysteme welche länger als 1000 M. sind; 
2. in solche, welche zwischen 500 und 1000 M.; 3. in solche, welche 200 
bis 500 M.; 4. in solche, welche unter 200 M. lang sind. 
3. Zwischen der Breite und der Länge der Gebirgsketten besteht kein 
regelmäßiges Verhältniß. Die Erfahrung lehrt, daß es unrichtig ist, anzu¬ 
nehmen, je länger die Gebirgskette sei, desto ansehnlicher werde auch ihre 
Breite sein. Bei den europäischen Alpen verhält sich die Breite zur Länge 
wie 1:5; beim Himälaya im engern Sinne des Worts wie 1:10; bei 
den Andes von Südamerika wie 1 : 60; bei den Sudeten wie 1:5; beim 
Thüringer Wald wie 1 : 4'/*; beim Harz wie 1 : 3.
	        
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