Full text: Allgemeiner Theil (1)

236 Dritte Abtheilung. Die politische Geographie. 
sammlung der griechischen Bischöfe in Nauplia 1833 emancipirte die grie¬ 
chenländische Kirche von dem Patriarchen von Konstantinopel. Die oberste 
Leitung wurde einer vom Könige eingesetzten, aber in allen innern Angele¬ 
genheiten völlig unabhängigen, permanenten heiligen Synode in Athen 
zugewiesen. In neuester Zeit ist in Griechenland eine heftige kirchliche Be¬ 
wegung zu Gunsten des Patriarchen von Konstantinopel ausgebrochen. 
4. Die römisch-katholische, lateinische oder abendländische 
Kirche ist die herrschende Kirche in Italien, Spanien, Portugal, Frankreich, 
in den meisten Ländern des österreichischen Kaiserthums, in mehreren Pro¬ 
vinzen Preußens, in Baiern und einigen kleineren Staaten Deutschlands, in 
mehreren Kantonen der Schweiz, in Belgien, Polen und in dem größten 
Theile Irlands, im spanischen und portugiesischen Amerika, wenn auch nicht 
überall die alleinige Kirche. Ueberdieß finden sich Katholiken in Holland, in 
England, in Rußland, in Asien und Afrika, besonders in den Gegenden, wo 
katholische Europäer Kolonien gegründet haben, in manchen Staaten der nord¬ 
amerikanischen Union u. a. a. O. Zu ihr gehören auch die chaldäischen Christen, 
die unirten Thomaschristen, die unirten Jakobiten, Armenier und Maroniten. 
Das geistliche Oberhaupt dieser Kirche ist der Papst oder der heilige 
Vater, der in Rom seinen Sitz hat. Er leitet die Kirche durch das Car- 
dinalskollegium, die Patriarchen, Metropoliten, Erzbischöfe und Bischöfe. *) 
Ceremonien und Sakramenten verwerfen oder verflüchtigen. Zu ihnen gehören die 
Morelschiki j— die sich selbst Aufopfernden^; die Skopzi s—Verschnittenei; 
die C h l i st o w t sch i n i [— die sich Geißelnden^; die Stummen; die M a l a- 
kani [= Milchesserj; die Duchaborzen [= Streiter des Geistes^. 
■*) Die wichtigsten Sekten, die sich innerhalb der lateinischen Kirche gebildet 
haben, in Beziehung auf Lehre, Kultus und Verfassung aber mit der protestantischen 
Kirche in nächster Verwandtschaft stehen, sind: 
a. Die Waldenser [= Thalbewohnerj. Sie bestehen seit dem 11. Jahr¬ 
hundert; unter ihnen trat 1170 Petrus Waldns s— der Waldenser^, ein rei¬ 
cher Bürger aus Lyon, auf. Sie wurden größtentheils unterdrückt; doch gibt es 
noch jetzt 27 waldensische Gemeinden in den piemontesischen Thälern St. Martin, 
Perosa, Lucerna slutscherna^ und Clusone. In neuester Zeit haben sie volle Reli¬ 
gionsfreiheit und Staatsbürgerrecht erlangt. 
b. Die Hussiten sCalixtiner oder Utraquisten und Taboritenj in Böhmen 
und Mähren sind durch den 1420 bis 1436 währenden Hussitenkrieg ausgerottet, 
zerstreut oder mit der römischkatholischen Kirche wieder verschmolzen worden. Nur 
von den zersprengten Taboriten hatten sich mehrere in der Mitte des 15. Jahrhun¬ 
derts wieder zusammengefunden und unter dem Namen der böhmischen und 
mährischen Brüder eine kleine Gemeinde gebildet, welche durch Aufnahme 
böhmischer Waldenserreste und anderer Stillen im Lande sich trotz blutiger Verfol¬ 
gungen also mehrte, daß sie im Anfang des 16. Jahrhunderts gegen 200 Kirchen 
und Bethäuser in Böhmen, Mähren und Polen besaß. Im schmalkaldischen und be¬ 
sonders im dreißigjährigen Krieg hart verfolgt, suchten Viele von ihnen Zuflucht in 
Preußen und Polen. Auch später dauerten die Bedrückungen und Verfolgungen fort. 
1722 wanderten deshalb mehrere Familien unter Christian David aus, such¬ 
ten und fanden Zuflucht aus den Gütern des Grafen Nikolaus v. Zinzen- 
d o r f in der Lausitz. Sie bildeten die Basis der seit 1727 erneuerten Brü¬ 
dergemeinde; das neugegründete Herrnhut am Hutberge wurde der Sitz 
und Mittelpunkt derselben. Die Brüdergemeinde hat sich über viele protestantische 
Länder Europa's bis nach Nordamerika hin verbreitet, und auch außerhalb der eigent¬ 
lichen Gemeindeorte leben und wirken viele ihrer Glieder. Ihre Wirksamkeit offen¬ 
bart sich besonders in einer überaus gesegneten Heidenmission. Die Gemeindeange¬ 
legenheiten werden von der Aeltestenconferenz der Brüderunität in 
Berthelsdors verwaltet, während von Zeit zu Zeit Generalsynoden mit constitutiver 
Gewalt berufen werden.
	        
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