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151. Der deutsche Dauernstand im 16. Jahrhundert. 
1. Harter Druck. Der deutsche Bauernstand befand sich Ende des 
15. Jahrhunderts, an der Schwelle der neuen Zeit, in einer äußerst 
bedrückten Lage. Das Fehdewesen, durch die „Goldene Bulle" 
freigegeben, brachte ihm fort und fort häufige Schädigungen seines 
Eigentums und Störungen seines landwirtschaftlichen Betriebes. Die 
Herren der Bauern, deren ordentliche Einkünfte zur Bestreitung ihres 
üppigen Lebens nicht mehr ausreichten, suchten sie zu steigern, indem 
sie ihren Untergebenen immer höhere Lasten auferlegten. Von alters 
her, als das Geld noch selten war, gaben die Bauern außer dem 
Kirchenzehnten dem adligen Grundherrn den natürlichen Zins aus dem 
Grund und Boden, also vom Acker etwas Getreide, Flachs, Obst, von 
der Wiese und Weide ein Stück Vieh, vom Hause und Herde ge¬ 
wöhnlich eine Henne, Eier usw. Außerdem leistete der Bauer dem 
Ritter Fronen, d. h. Hand- und Spanndienste, Handarbeit oder Zu¬ 
fuhr bei Bauten usw. Aber all diese Abgaben und Dienste waren 
immer nur mäßig gewesen, denn der Ritter brauchte noch wenig und 
hatte fast gar keine Gelegenheit, die Naturalabgabe zu verkaufen oder 
sich von den Bauern statt derselben Geld geben zu lassen. Als aber 
später Prachtliebe und ausländisches Wesen bei ihnen aufkamen, da 
bildete sich ein förmliches System der Bedrückung aus, dessen sich 
weltliche wie geistliche Herren gleich schuldig machten. Was die Mönche 
und Ritter verpraßten, was die kirchlichen Feste kosteten, was die 
Fehden verschlangen, das alles mußte der Bauer bezahlen; an ihm 
suchte sich jeder schadlos zu halten. Die Fronen und Zehnten wurden 
in so erschreckender Weise erhöht und vermehrt und mit so grausamer 
Strenge eingefordert, daß die brandenburgischen Kurfürsten ihrem Adel 
den strengen Befehl erteilen mußten, keinen Bauern mehr als zwei 
Tage in der Woche fronen zu lassen. 
Sehr schwer lastete auf den Bauern auch die immer mehr ge¬ 
steigerte Jagdlust der vornehmen Herren; von einer „Schonung der 
Saaten" war schon längst nicht mehr die Rede, ebensowenig von den 
milderen Grundsätzen, welche früher für die Bestrafung von Wild¬ 
freveln aufgestellt waren. Hatte einmal ein Bauer freventlich in die 
„noble Passion" eingegriffen, um sich vor dem maßlosen Wildschaden 
einigermaßen zu schützen, so erschien den Herren eine lange und 
schwere Haft, ja wohl gar der Verlust eines Auges als keine zu 
harte Buße. 
2. Versuchte Befreiung. Solche und ähnliche Ursachen steigerten 
fort und fort die Not des kleines Mannes auf dem Lande, lind in¬ 
folgedessen entstand allmählich eine so hochgradige Erbitterung, daß
	        
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