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thüre, zu der eine bewegliche und nur an großen Familkentagen, 
Hochzeiten, Kindtaufen und Begräbnissen angesetzte Treppe von 5 
bis 4 Stufen führt. Nur bei solchen Festen wird dies Allerhei- 
ligste geöffnet. Zu den innern Wohnstuben führt eine kleine ver¬ 
steckte Hinterthüre. Schon die Küche giebt einen Vorschmack von 
der Reinlichkeit, welche in'den eigentlichen Stuben herrscht. Alles 
ist darin bunt angestrichen und polirt, der Fußboden aber mit 
Teppichen oder Fußmatten aus Binsen belegt. Alle Fußböden, 
Wände und Treppen des Hauses sind entweder mit Oelfarben an¬ 
gestrichen oder mit Porzellanfliesen und Marmor getafelt. Pfan¬ 
nen, Tiegel, Kessel und alles metallene Hausgerathe muß spiegel¬ 
blank seyn, und wehe dem, der etwas davon beschmutzt. In den 
kleinen Gartenanlagen vor oder hinter den Hausern herrscht der 
kleinlichste Geschmack. Schatten giebt da kein Laubdach, kein über¬ 
hangender Zweig. Die Scheere hat gesorgt, daß alles fein rund 
und nach der Schnur pyramidalisch zugeschnitten sey. Ein Mosaik 
von Muscheln und farbigem Gestein bedeckt die Beete. Gemalte 
Blumen an den Einfassungen sollen die natürlichen ersetzen. Glei¬ 
che übertriebene Reinlichkeit herrscht in den Kuhstallen, worin der 
marmorne Fußboden mit den feinsten Matten bedeckt, die Wände 
mit Fliesen eingelegt, und zu beiden Seiren, wo die Stande für 
die Kühe sich befinden, der etwas erhöhete Fußboden von bemal¬ 
tem Holz ist, worauf man kein Stäubchen gewahr wird. Die 
Gerätschaften, Schaufeln, Mistgabeln rc. sind bemalt und mit 
vergoldetem Schnitzwerk versehen; Eimer und Milchgefaße auswen¬ 
dig bunt und inwendig mit weißer Oelfarbe überstrichen. Die 
Hauser dieses Dorfes sind für jeden Fremden verschlossen. Selbst 
der Kaiser Alexander erhielt den Eintritt in ein Haus nicht ohne 
lebhaftes Protestiren des Hausbesitzers, aus Furcht, daß der Kai¬ 
ser Schmutz in das Haus brachte. So ist es von einem Prediger 
dieses Dorfes bekannt, daß er sich die Liebe seiner Gemeinde, trotz 
aller angewandten Mühe nicht eher erwerben konnte, als bis ec 
sich, bei Besteigung der Kanzel, der reinen Pantoffeln, die am 
Fuße derselben, vorher vergebens auf ihn gewartet hatten, wie sei¬ 
ne Vorgänger, bediente. Die Bewohner von diesem Dorfe, etwa 
800, sind zum Theil reiche Kapitalisten, die hier ihre Zinsen ver¬ 
zehren oder auch Handelsspekulationen machen, zu welchem Ende 
sie zuweilen auf der Amsterdamer Börse erscheinen; außerdem ent¬ 
fernen sie sich aber nie von ihrem Wohnorte, heirathen unter ein¬ 
ander und gehen mit niemanden außer ihrem Dorfe um. 
Haag liegt sehr angenehm, an drei Seiten von lachenden 
Dörfern, üppigen Wiesen, Gärten und Gehölz und an der vierten 
von Dünen umgeben, jenseits welchen des Meer fluthet, ist ohne 
Mauern und Thore, bloß mit einem Graben umschlossen und bildet 
ein liebliches Gemisch von Stadl und Land, indem schöne Privat¬ 
hauser, pallastähnliche Gebäude, die aber mehr durch ihre Größe
	        
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