Object: Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt (Teil 3)

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Himmel erbarmen möchte!' Da sprach er uns zufrieden und wir setzten 
uns. Nach mische aber erhielt ich ein Frösteln und ein so furchtbares 
Fieber, daß ich meinte, es ginge mit mir zum Sterben. Auf die Nach¬ 
richt von meiner Erkrankung soll der Oberst gesagt haben, wenn der 
Pfasf stürbe, so wollte er wohl das Weib zu sich nehmen; er habe sein 
Lebtag kein so tapferes und beredtes Weib gesehen. Ein andermal 
hatte er zu meiner Frau gesagt, er würde mich nach Prag schicken, 
meine yrau aber hierbehalten. Da sagte sie, er solle sich nur so etwas 
nicht einbilden, keine Viertelstunde würde sie allein lebendig bei ihm 
bleiben. 
Endlich brachte die Magd unser Lösegeld. Meine Frau beendigte 
es unserm Retter, der alles aus den Tisch schüttete. Es war manch 
schöner, alter Thaler darunter, den ich selbst lange Zeit nicht gesehen 
hatte. Der Oberst gab meiner Frau ihre neuen silbernen Haken und 
einen -theuer Zehrgeld zurück; alles übrige, Geld und silberne Becher, 
behielt er. So sauer es uns geworden war, solches ehrlich zu erwerben, 
so gönnten wir's ihm doch sehr gern, weil er als ein wackerer Kavalier 
an uns gehandelt hatte. Meiner Frau aber riet er, noch etwas zu 
bleiben und sich vor der Abreise noch zu pflegen. Sie aber erklärte, 
sie tonne und möge nicht länger bleiben; mit seiner Wartung sei ihr 
nicht gedient; sie wolle mich auf den Rücken nehmen und tragen, so 
weit sie vermöge; sie begehre, mich nur auf Stroh zu betten und besser 
3U p^egen, als es hier geschehen könne. Da ließ er uns einen Paß 
ausfertigen, welchen er unterzeichnete: R. K. M. des löbl. fürstl. Sa- 
vellischen Reg. bestallter Oberst-Wachtmeister und Hauptmann Don 
Joseph de Aynsa." 
Die beiden Berichte lassen uns einen tiefen Blick in das Elend 
thun, das unsere bürgerlichen Vorfahren während des großen Krieges 
zu ertragen hatten. Und wiederholten sich die Vorgänge von Magde¬ 
burg nicht während des langen Kampfes mehr oder minder in jeder 
deutschen Stadt? Wurden sie durch die unsäglichen Leiden, welche die 
Roheit der späteren Kämpfe uns aufbürdeten, nicht noch vielfach 
übertroffen? Wir ließen die Geretteten erzählen! Was für ein 
Höllenpfuhl von Grausamkeit, — was für ein dunkles Meer von 
Trübsal aber würde sich uns darstellen, wenn die Vertreter jener 
drei Vierteile der Nation ihre Stimmen erheben könnten, welche durch 
die Kämpfe des dreißigjährigen Ringens vom deutschen Boden hinweg¬ 
gefegt worden sind?
	        
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