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Tonische Inseln. 
seyn. Wenn man in der Gegend, wo sich diese Pschquellen befln. 
den, mit dem Fuße gegen die Erde stampft, so fühlt man sie 
rund umher eine Zeitlang zittern, und die weite Höhlung schallt ' 
aus der Tiefe herauf. Oft hört man auch an diesen Quellen ein 
starkes unterirdisches Tosen und Gebrüll, und dies dauert biswei¬ 
len Tage lang fort. Man darf vielleicht annehmen, -daß fast 
diese ganze Ebene hohl ist, und daß diese Quelle sich einst zu ei¬ 
nem See ausbreitete, den rund herum Berge umgaben. Dieser 
See mag in der Folge durch die bei den Erdbeben einstürzenden 
Berge ausgefüllt und zu seiner jetzigen Gestalt gebracht worden 
seyn. Man hat bei allen, auch in den neuesten Zeiten von den 
Engländern angestellten Versuchen nie den Grund dieser Quellen 
finden können, und alles was man hineinwirft und auf der Ober¬ 
stache des Wassers schwimmen kann, zeigt sich immer wieder auf 
dem freien Meere. Durch solche unterirdische Kanäle scheinen die 
Erdpechquellen selbst, wahrend des Sommers einen Theil des Ueber- 
stusses in das Meer abzuleiten, und die schwarze pechartige Ma¬ 
terie schwimmt auf der Oberflache desselben in großen Streifen 
umher. Diese Kanäle müssen indessen nicht sehr tief liegen, da 
man in den Quellen auf 6 Fuß Tiefe unter dem Erdpech wieder 
Wasser antrifft. Das Wasser der größern Lache ist sehr salzig 
und behalt einen starken Theergeruch. Das Wasser der kleinen 
Lache ist aber süß und hat wenig Geruch; auch ist es für die Be¬ 
wohner der umliegenden Gegend ein wirksames Mittel in den 
Fiebern, und fremde Schiffer haben sich dessen schon oft mit dem 
besten Erfolge bei gefährlichen Seekrankheiten bedient. Gegen den 
Monat April füllen sich die Quellen so mit Erdpech, daß sie bis¬ 
weilen überlaufen. In dieser Zeit geschieht auch die Sammlung 
desselben. Das Erdpech wird mit Eimern aus der Lache herauf ge¬ 
zogen , und in der Nahe der Quellen in dazu bestimmte Gruben ge¬ 
sammelt; diese Gruben sind mit einer Rinne versehen, damit dcks 
oben stehende Wasser ins Meer ablaufen kann. Dann wird das 
Erdpech in Fässer oder Schläuche gebracht und als Theer verkauft. 
Man gewinnt jährlich an 100 Tonnen zu 130 Pfund. Jedoch wird 
es bloß zum Kalfatern der Schiffe gebraucht. Es ist ein auffallen¬ 
des Beispiel der Unwandelbarkeit der Natur, daß diese Pechquellen 
bis jetzt fast 2400 Jahre lang ganz in demselben Zustande geblieben 
sind, worin sie nach Herodots*) Beschreibung waren. 
Uebrigens wird das Erdpech auch in manchen andern Landern 
gefunden. So findet es sich z. B. in großer Menge auf der Westin¬ 
dischen Insel Batbüdoes, wo es von der Oberfläche der Gewässer 
abgeschöpft wird , die mit demselben bedeckt sind. Auch selbst in 
Deutschland z. B. im Königreich Hannover giebt es bei den Lünebur- 
') Herodot war ein berühmter griechischer Geschichtschreiber, der schon 
im 5. Jahrhunderte vor Christi Geburt lebte.
	        
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