Full text: Die Neubildung der europäischen Kulturwelt durch Christentum und Germanentum (Das Mittelalter), die Ausgestaltung der europäischen Kultur und deren Verbreitung über den Erdball (Die Neuzeit) [bis zum Westfälischen Frieden] (Bd. 2)

Adolf von Nassau. Mbrecht I. Heinrich VII. Ludwig der Bayer. 97 
Heinrich VII. von Luxemburg (1308—1313). 
Nach der Ermordung Albrechts I. wählten die deutschen Kurfürsten 
abermals einen Grafen, nämlich den edlen, ritterlichen Heinrich von 
Luxemburg (Lützelburg). Auch er strebte nach einer größeren Hausmacht. 
In der Tat gelang ihm die Erwerbung Böhmens. Er vermählte näm-1316 
lich seinen Sohn Johann mit Elisabeth, der Schwester und Erbin des 
verstorbenen letzten Königs von Böhmen-Mähren. Dann faßte der deutsche 
König die Erneuerung der Kaiserwürde ins Auge. 
Die Verhältnisse in Italien. Seit dem Untergang der Staufen und der 
Erwerbung Neapels durch das Haus Anjou (S. 81) waren die Franzosen in Italien 
so einflußreich geworden, daß schließlich Papst Clemens V., ein geborener 
Franzose, den päpstlichen Sitz ganz nach Frankreich verlegte. Er wählte nämlich 
Avignon (im Rhonegebiet) zu seiner Residenz. Diese fast 70 Jahre dauernde 1309 
Abwesenheit der Päpste von Rom nannte man die Babylonische Gefangenschaft 
der Kirche (1309—1377) (vgl. Erst. Hauptt. S. 5). In den Städten Ober- und 
Mittelitaliens wüteten Parteikämpfe zwischen den Guelsen und den Ghi- 
bellinen^). In diesen inneren Streitigkeiten gewannen vielfach vornehme 
Adelshäupter oder tüchtige Söldnerführer (Eondottieri) die Stadtherrschaft und 
stifteten Dynastien (kleinere erbliche Monarchien; z. B. in Mailand und Florenz). 
In anderen Gemeinwesen entstanden aristokratische Verfassungen (Herrschaften 
der Adelsgeschlechter; z. B. in Genua und Venedig). 
Neben der staatlichen Zerrissenheit ging indes ein geistiger Aufschwung 
einher. Zahlreiche Universitäten (Bologna, Florenz, Rom, Neapel u. a.) 
dienten dem Betriebe der Wissenschaften. Die Dichtkunst erreichte ihren Höhe¬ 
punkt in Douiß (aus Florenz), dessen großartiges Epos „Göttliche Komödie" f 1321 
berühmt geworden ist2). 
Gerade Dante, ein eifriger Ghibelline, wünschte und begrüßte das 
Eingreifen Heinrichs VII. in die italienischen Verhältnisse, weil er glaubte, 
es werde sich wieder eine kaiserliche Herrschaft in Italien herstellen lassen. 
Aber der Römerzug Heinrichs (1310—1313) verlief ergebnislos. Zwar 
erlangte Heinrich die Kaiferkrönnng (durch päpstliche Gesandte); ehe 1312 
er jedoch die kaiserliche Herrschaft in Italien befestigen konnte, starb er 
plötzlich und wurde in Pisa beigesetzt. 
Ludwig der Bayer (1314—1347). 
Das Ableben Heinrichs VII. führte in Deutschland zu einer zwie¬ 
spältigen Königswahl. Die Minderheit der Kurfürsten stellte Herzog 
!) Die alten Parteinamen „Guelfen" (Welsen) und „Ghibellinen" (Waiblinger, 
Staufen; vgl. S. 62 Anm.) waren geblieben, hatten aber einen anderen Sinn ange¬ 
nommen. Die Guelfen waren Anhänger der päpstlich-republikanischen, die Ghibellinen 
der kaiserlich-monarchischen Herrschaft. 
2) Das Epos schildert eine Wanderung durch Hölle, Fegfeuer und Paradies, wobei 
der Dichter die geschichtlichen Ereignisse seiner Zeit sowie staatliche, wissenschaftliche 
und kirchliche Fragen erörtert. 
Lorenz, Geschichte für Lehrer- und Sc6ternnenBilbuna^anftiltcn II
	        
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