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Deutschland.
; Deutschland.
Deutschland hieß zu der Römer Zeiten Germanien, und
seine Gränzen waren gegen W. der Rhein, der es von Gallien
schied, gegen S. die Donau, welche es- von Rhätien, Noricum
und Pannonien trennte, gegen N. die Nord- und Ostsee und ge¬
gen O. nahm man die Elbe oder auch wohl die Weichsel als
Gränze an. Germanien war damals fast ein undurchdringlicher
Wald und ein rauhes, unfruchtbares Land, von wilden Thieren
wimmelnd und von einer Menge kleiner, unabhängiger Nationen
bewohnt, die meistens ein Jäger- und Hirtenleben führten und
unter sich in steten Fehden verwickelt waren. Mehrere dieser Volks¬
stämme, welche die Römer mit dem allgemeinen Namen der Cim-
bern und Teutonen bezeichnen, verließen etwa 100 Jahre vor
Christi Geburt ihre unwirthliche Heimath, unternahmen einen Zug
nach Gallien und Italien, wurden aber, ungeachtet ihrer anfäng¬
lichen Siege über die Römer, doch zuletzt von dem berühmten
Feldherrn Marius überwunden und fast gänzlich aufgerieben.
Dies war das erstemal, daß Germanische Völker mit den Rö¬
mern in Berührung kamen und in der Geschichte erscheinen. Als
später der große Römer Julius Casar die Eroberung Galliens
unternahm, lernte er hier ein Volk kennen, das man ihm Ger¬
manen nannte und dessen Anführer Ariovist hieß; und von
dieser Zeit fangen die Kriege der Römer mit den Germanen an,
wodurch zuerst Germanien näher bekannt und in die Geschichte ein¬
geführt wurde. Cäsar schlug Ariovist und nöthigte die Germanen,
Gallien zu verlassen und in ihr Land zurückzugehen, ging auch
zweimal über den Rhein, ohne jedoch weit in Germanien einzu¬
dringen und noch weniger ohne Eroberungen in diesem wüsten Lande
zu machen. Als das mächtigste Volk der Germanen beschreibt er die
Sueven. Roms Bürgerkriege und Unruhen zogen jetzt die Auf¬
merksamkeit der Römer von den Germanen ab, bis unter dem er¬
sten Römischen Kaiser Augustus die Römer, in deren Provinzen
die wilden Germanen häufige Einfälle machten, es unternahmen
in Germanien sich festzusetzen und auch auf dieser Seite ihr unge¬
heures Reich zu vergrößern. Ihr Unternehmen schien wirklich ihnen
gelingen zu wollen; denn Drusus, dieser tapfere Feldherr und
Stiefsohn des Augustus, so wie auch Tiberius, gleichfalls ein Stief¬
sohn dieses Kaisers, drangen kurz vor und nach Christi Geburt weit
in Germanien, selbst bis zur Elbe und jenseits dieses Stromes vor,
und legten, vornehmlich am Rhein, viele feste Kastelle an, woraus
nachher die ersten Deutschen Städte entstanden. Wahrscheinlich hät¬
ten die Römer ihre Absicht erreicht, Deutschland, wenigstens den
westlichen Theil desselben, zu einer Römischen Provinz zu^machen,
wenn nicht die Unbesonnenheit des Quinctilius Varu s, Nach¬
folgers des Tiberius im Oberbefehle, alle errungenen Vortheile wie-