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Amerika.
hebt. Wegen dieser hohen Lage ist die Luft außerordentlich rein und
dünn, so daß der Europäer nicht 30 Schritte weit gehen kann, ohne
daß ihm der Athem stockt. Man darf daher nicht anders als ganz
langsam gehen und muß oft stehen bleiben. Die Eingebornen selbst
sind nicht ganz davon befreit. Die Witterung ist fehr strenge und
unglaublich veränderlich. Man erlebt auch im Sommer fast an jedem
Tage alle 4 Jahrszeiten, obgleich die Stadt unter nicht völlig 20°
S. Br., also noch in der heißen Zone liegt. Ringsum sieht man
nichts als Felsen und Klippen. Früchte, Gemüse, alle Nahrungsmittel
für Menschen und Vieh müssen weit her auf Lastthieren herbeigeschleppt
werden. Potosi, das seinen Hauptnahrungszweig vom Silberbergbau
hat, und sonst als dieser in der größten Aufnahme sich befand, eine
große, bevölkerte Stadt war, ist jetzt mit der Abnahme des Bergbaues
ein armseliger, geringer Ort geworden, der nach Pentlands Angabe
1826 nur noch 9000 E. hatte. 30 Jahre früher foll Potosi noch
52.000 E. gehabt haben, und zu Ansang des 17. Jahrhunderts, wo
der Bergbau und somit Potosi auf der höchsten Stufe seiner Blüthe
stand, wurde die Volksmenge auf 160,000 Seelen geschätzt.
Die Silberbergwerke, denen Potosi seine Berühmtheit verdankt,
liegen in dem 15,150 Fuß hohen Cerro de Potosi, welcher nach
allen Richtungen durchgraben ist. Bis zum Jahr 1803 hatte man
an mehr als 5000 Punkten in den Berg eingeschlagen, von welchen
jedoch nur eine kleine Zahl in Bau genommen war; im I. 1803
gab es 97 bearbeitete Gruben. Nach Pentlands Messung liegt der
Gipfel dieses berühmten Erzberges 15,150 F. über dem Meeeresspie-
gel, und der höchste Punkt, wo gearbeitet wird, hat 15,080 F. Höhe,
also mehr als der Montblanc. Die Menge des hier gewonnenen
Silbers ist außerordentlich groß und betragt nach Humboldt, welcher
bloß die Ausbeute, von welcher die königlichen Abgaben entrichtet
wurden, berechnet hat, seit 1545 die Summe von 5750 Millionen
Livres Tournois (eine Münze, die nach jetzigem Werthe etwa 4 gl.
6 pf. werth ist). Nach Pentland, der sich gleichfalls auf amtliche
Angaben stützt, haben diese Bergwerke an ausgemünztem Silber oder
an solchem, wovon die königlichen Abgaben in Potosi entrichtet wur¬
den, bis 1803 1614 Millionen Piaster geliefert. Hierbei fehlt aber
das Silber, das durch Schleichhandel ausgeführt worden ist, so wie
das Silber, das zu Gerathschaften und Schmuck der Kirchen verar¬
beitet wurde, welches keine Abgaben bezahlte. Die höchste Blüthe der
Bergwerke war von 1585 bis 1606. Zu dieser Zeit arbeiteten
15.000 Indianer in den Berg- und Schmelzwerken und mehr als
15,000 Llamas und eben so viel Esel wurden zum Tragen der Erze
gebraucht. Alle diese Kräfte wurden zur Förderung der Schatze eines
einzigen Berges angewendet, welcher, obschon mit größtentheils elend
gebauten Gruben, ganz durchwühlt ist. Seit der letzten Halste des
18. Jahrhunderts war nach Humboldt, die Ausbeute der Bergwerke